Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

833. Aufgaben und Rechte der Landstände im Allgemeinen. 59 
§ 33. IV. Aufgaben und Rechte der Landstände. A. Sachliche im Allgemeinen. 
Die sachlichen Aufgaben und Rechte der Landstände bestehen in der Mitwirkung bei der 
Gesetzgebung und bei dem Staatshaushalt. Ueber die Erstere wird das Nähere unten 
dargestellt werden. Hier sei nur Folgendes bemerkt. 
Im Allgemeinen versteht die badische Verfassung unter „Gesetz“ das Gesetz im for- 
mellen Sinne, d. h. jede vom Staatsoberhaupt nach erfolgter Zustimmung der Landstände 
erlassene Vorschrift. Hiernach werden in Baden insbesondere auch diejenigen Vorschriften, 
welche sich auf den Finanzhaushalt beziehen, sofern sie mit Zustimmung der Landstände 
getroffen werden, Gesetze genannt und vollständig in die Form solcher gekleidet. 
Darüber, in welchen Fällen — abgesehen von den auf den Staatshaushalt bezüg- 
lichen Vorschriften — eine Rechtsnorm nur in der Form des Gesetzes d. i. nur mit Zu- 
stimmung der Stände erlassen werden kann, gilt Folgendes: 
Zustimmung der Stände ist nothwendig: 
1. zu jeder Rechtsnorm, welche die Verfassungsurkunde ergänzt, erläutert oder 
abändert!); 
2. zur Ausschreibung und Erhebung von Auflagen 2) (Steuern); 
3. zu jeder anderen neuen allgemeinen Rechtsnorm, welche die Freiheit der Personen 
oder das Eigenthum der Staatsangehörigen betriffts); 
4. zu jeder Abänderung oder authentischen Erklärung eines bestehenden Gesetzes 0. 
Um ihrerseits die Erlassung eines Gesetzes zu erwirken, stehen den Landständen zwei 
Wege offen: 
sie können entweder den Großherzog unter Angabe der Gründe um den Vorschlag 
eines Gesetzes bitten, und zwar hat dies in einer von einer Kammer ausgehenden 
Adresse zu geschehen, über welche auch die andere Kammer auf erfolgte Mittheilung sich 
ausgesprochen hat), 
herren, Städte und Aemter durch das Loos ein für allemal bis zu einer wieder eintretenden Gesammt- 
erneuerung bestimmt. 
Von den Abgeordneten der Städte und Aemter sollen erstmals nur 31 und in der zweiten 
Periode 32 Mitglieder austreten. 
Die theilweise Erneuerung geschieht jeweils am 1. Juli des zweiten Jahres einer Budgetperiode, 
und nach einer Gesammt- Erneuerung der Kammern der erste theilweise Austritt der grundherrlichen 
Abgeordneten am 1. Juli des vierten, der erste theilweise Austritt der Abgeordneten der Städte und 
Aemter aber am 1. Juli des zweiten Jahres, überall unter der Voraussetzung, daß an diesem Tage 
die Kammern weder zu einem ordentlichen, noch zu einem außerordentlichen Landtage versammelt find. 
Niemals jedoch darf ein solcher, noch der vorigen Periode angehöriger Landtag das Budget 
auch für die folgende votiren, sondern es muß hierzu der regelmäßig erneuerte berufen werden. 
Findet die Auflösung einer Ständeversammlung vor Bewilligung des der laufenden Landtagsperiode 
angehörenden Budgets statt, so wird die Dauer ihrer Sitzung dem neu einzuberufenden Landtage 
eingerechnet, so daß die erste Hälfte der grundherrlichen Abgeordneten und der Mitglieder der Zweiten 
Kammer mit dem 30. Juni des nämlichen Jahres austritt, an welchem der betreffende Theil der 
Mitglieder der aufgelösten Kammer hätte austreten müssen. 
Findet dagegen die Auflösung erst nach Bewilligung des betreffenden Budgets statt, so wird 
die bis zur regelmäßigen nächsten Erneuerung noch verlaufende Zeit der neu einzuberufenden 
Ständeversammlung nicht eingerechnet; sondern es dauert die Vollmacht der Letzteren so lange fort, 
als wäre fie erst im Zeitpunkt jener regelmäßigen (theilweisen) Erneuerung berufen worden.“ 
1) V.U. § 64. Es kommt hier auf den sachlichen Inhalt des vorgeschlagenen Gesetzes nicht 
weiter an. 
2) V. U. § 53. 3) V. U. 8 65. 
4) Ebendas. 5) V. U. § 67, Abs. 1 u. 5. 
Die V. U. verlangt nur, daß die Bitte um Vorlage eines Gesetzes, ehe fie von einer Kammer 
an den Großherzog gebracht wird, „zuvor der andern Kammer mitgetheilt und dieser Gelegenheit 
gegeben worden ist, sich darüber auszusprechen", nicht auch, daß die andere Kammer sich derselben 
angeschlossen habe. Rechtlich ist sonach nicht ausgeschlossen, daß auch dann von einer Kammer eine 
Bitte um eine Gesetzesvorlage an den Großherzog gebracht wird, wenn die andere Kammer auf er- 
folgte Berathung den Anschluß an dieselbe abgelehnt hat.
	        
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