Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 42. Geschäftsformen bei der Thätigkeit der Landstände. 71 
missionen ist gestattet, geschriebene Reden abzulesen; allen übrigen Mitgliedern sind blos 
mündliche Vorträge erlaubt ). 
4) Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Sie werden geheim auf das Be- 
gehren der Regierungskommissäre bei Eröffnungen, für welche sie die Geheimhaltung für 
nöthig erachten, und auf das Begehren von drei Mitgliedern, denen nach dem Abtreten 
der Zuhörer wenigstens ein Viertel der Mitglieder über die Nothwendigkeit der geheimen 
Berathung beitreten muß?. 
II. Konstituirung der Kammern. 1. Nachdem der Landtag eröffnet ist, über- 
nimmt in der Zweiten Kammer der an Jahren Aelteste bis zur Erwählung eines Präsi- 
denten den Vorsitz. Den Dienst der Sekretäre übernehmen einstweilen in der Ersten Kammer 
die zwei jüngsten der gewählten Mitglieder, in der Zweiten die vier jüngsten Abgeordneten?). 
2. Die Kammern beginnen auf jedem Landtage ihre Arbeiten mit der Prüfung der 
Vollmachten der neu eintretenden Abgeordneten. In der Ersten Kammer besorgt diese 
Prüfung eine aus den sechs ältesten Mitgliedern der Kammer bestehende Kommission, welche 
das Ergebniß durch einen oder mehrere Berichterstatter der Kammer vortragen läßt. In 
der Zweiten Kammer wird diese Prüfung in fünf provisorischen Abtheilungen vorgenommen, 
in welche die Mitglieder der Kammer durch das Loos eingetheilt werden und deren Vor- 
stände der Kammer das Ergebniß ihrer Prüfung vortragen. 
Ueber die Giltigkeit einer beanstandeten Wahl wird in beiden Kammern nicht früher 
abgestimmt, als bis über alle der Kammer bereits zugekommenen Wahlen ein erster Vortrag 
erstattet und die Zulassung der Abgeordneten, deren beigebrachte Vollmachten als regelmäßig 
und vollständig befunden, und deren gesetzliche Eigenschaften nicht in Zweifel gezogen wurden, 
ausgesprochen worden ist?). 
3. Die Zweite Kammer wählt nach beendigter Wahlprüfung ihren Präsidenten durch 
absolute Stimmenmehrheit, ferner zwei Vizepräsidenten und vier Sekretäre durch relative 
Stimmenmehrheit. Desgleichen wählt die Erste Kammer nach relativer Stimmenmehrheit 
zwei Sekretäre. 
Der Präsident überwacht die innere Ordnung und die Beobachtung der Geschäfts- 
vorschriften, bewilligt das Wort, setzt die Fragen zur Abstimmung fest, spricht das Er- 
gebniß der Abstimmung aus und ist das Organ der Kammer im Verhältniß derselben 
zur Regierung und zur anderen Kammer)). 
Die Sekretäre entwerfen die Protokolle oder lassen sie unter ihrer Aufsicht ent werfen, 
führen die Abstimmungslisten, die Register über die Motionen der Ständeglieder, sowie 
über die Anzeigen Derjenigen, welche über die zur Tagesordnung kommenden Gegenstände 
sprechen wollen. Sie haben mit dem Präsidenten oder unter dessen Leitung die Ausfsicht 
auf die Kanzlei der Kammer. 
III. Sitzungen. 1. Der Präsident bestimmt in jeder Sitzung den Tag, die Stunde 
1) V. U. 8 77. 
2) V. U. § 78. Im Allgemeinen ist es Sache der Kommisfionen, welche über einen Gegenstand 
der Kammer Vortrag zu erstatten haben, öffentliche oder geheime Berathung zu beantragen. Die Kammer 
kann für den einzelnen Verhandlungsgegenstand jederzeit durch Stimmenmehrheit beschließen, daß ge- 
heime Berathung stattfinde, sowie daß von der geheimen zur öffentlichen Verhandlung übergegangen 
werde. Gesch.O. d.Erst. K. §§ 38, 39; Zw. K. §§ 42, 43. Selbstverständlich müssen für die Geheim- 
heit der Berathung besondere Gründe- vorliegen- 
3) Gesch.O. d. Erst. u. Zw. K. § 1 
4) Gesch.O. d. Erst. K. 88 3—6; Zw. K. §§ 2—7. Die Abgeordneten, deren Zulassung bean- 
standet wird, wohnen den Sitzungen der Kammer bis zur Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl. 
oder bis zur vollständigen Nachweisung ihrer elichen Eigenschaften nicht mehr bei. Erst. K. 86; Zw. K. S#9. 
5) Gesch.O. d. Erst. K., § 11; 3w. K. § 12 
6) Gesch. O. d. Erst. K. 89, 1d ; Zw. K. g 13, 14.
	        
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