Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

72 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. III. Kapitel. 8 42. 
und die Tagesordnung der nächstfolgenden Sitzung. Wird dagegen von einem Mitgliede 
Bedenken erhoben, so hat die Kammer zu entscheiden. « 
2. Kein Mitglied der Kammer darf sprechen, ohne die Erlaubniß des Präsidenten 
erhalten zu haben 1). Niemand darf in seiner Rede unterbrochen werden. 
Alle Persönlichkeiten, alle Abschweifungen vom Gegenstande der Verhandlungen, alle 
Zeichen des Beifalles oder der Mißbilligung sind untersagt. Wer dagegen fehlt, wird 
vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Er kann zu seiner Vertheidigung das Wort be- 
gehren, das ihm der Präsident nicht verweigern darf. 
Wenn es dem Präsidenten nicht gelingt, dadurch, daß er den Fehlenden zur Ord- 
nung gerufen hat, dieselbe wieder herzustellen, so kann er die Sitzung unterbrechen. 
Die Kammer kann nach Bedeutendheit des Vorfalls, oder bei fortgesetzter Störung 
der Ordnung gegen die fehlenden Mitglieder den Eintrag einer Rüge in das Protokoll 
verfügen. 
Die Kammer kann jederzeit erklären, gehörig unterrichtet zu sein, und keinen weiteren 
Vortrag mehr anhören zu wollen. 
Sie kann jederzeit beschließen, eine angefangene Diskussion zu unterbrechen, und deren 
Fortsetzung auf eine nächste Sitzung zu verschieben, oder den Gegenstand zur näheren 
Prüfung an die Kommission zurückzugeben, und sodann zur weiteren Tagesordnung zu 
reiten. 
5“ Wenn der Präsident an den Diskussionen Theil nehmen will, so überläßt er den 
Vorsitz dem ersten und bei dessen Verhinderung dem zweiten Vizepräsidenten. 
Die landesherrlichen Kommissäre haben das Recht, jederzeit das Wort zu nehmen, 
wenn ihnen die Vorträge der Berichterstatter, die Reden der Abgeordneten, oder die Dis- 
kussionen Veranlassung zu Erörterungen oder Bemerkungen geben, jedoch ohne Unterbrechung 
eines bereits angefangenen Vortrags (s. o.). 
Der Präsident erklärt die Diskussion für geschlossen, wenn sich kein Redner mehr 
meldet, oder die Kammer beschließt, daß Niemand mehr gehört werden solle. 
Unmittelbar vor Festsetzung der Frage durch den Präsidenten können die Bericht- 
erstatter der Kommissionen und die landesherrlichen Kommissäre nochmals das Wort 
nehmen. 
Die Kammer kann beschließen, daß nach Anhörung des Berichterstatters und der 
landesherrlichen Kommissäre die Diskussion wieder eröffnet werde. 
Jedes Mitglied kann über die Festsetzung der Frage die Entscheidung der Kammer 
veranlassen und hierzu das Wort begehren?). 
3. Die Hauptabstimmung über Annahme oder Nichtannahme eines Gesetzesvorschlages, 
über Beschwerdeführung und Anklage geschieht auf Namensaufruf durch die Worte „ja“ 
oder „nein“. 
Auch bei anderen Beschlüssen findet namentliche Abstimmung statt, sobald in der 
Ersten Kammer fünf, in der Zweiten 15 Abgeordnete darauf antragen. 
Ueber alle anderen Gegenstände und insbesondere über einzelne Verbesserungsvor- 
schläge, wird sogleich durch Aufstehen oder Sitzenbleiben der Mitglieder abgestimmt. 
Die Berufung auf die Tagesordnung und auf die Geschäftsordnung geht jeder 
Zeit der Hauptfrage vor #. 
IV. Behandlung einzelner Gegenstände. Gesetzentwürfe, welche aus dem 
Schooße der Kammer hervorgehen, müssen in der Ersten Kammer von mindestens drei, in 
1) Gesch.O. d. Erst. K. 9 13—15; Zw. K. §§5 16—18. 
2) Gesch.O. d. Erst. K. 558 16—33; Zw.K. 88 19—37. 
3) Gesch.O. d. Erst. K. 5§ 34—37; Zw. K. §8 38—41.
	        
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