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6. Juli.
1369. (Nach Anderen 1373). Johannes Huss, der grosse Vor-
reformator, zu Husinetz im Prachatitzer Kreise in Böhmen
geboren.
1376. Wenzel, König von Böhmen, wird zu Aachen als römischer
König gekrönt.
1415. Johannes Huss wird zum letzten Mal vor die allgemeine
Kirchenversammlung zu Konstanz gestellt.
Diesmal, wie früher, ward ihm keine Gelegenheit gegeben, vor dem
gesamten grossen Rate der Christenheit sich zu verteidigen. „Im Ver-
trauen auf meine Unschuld und das freie Geleite des Kaisers
bin ich hierher gekommen,“ rief der Verfolgte und sah bei den letzteren
Worten den Kaiser Sigismund bedeutungsvoll an, worauf dieser im Be-
wusstsein seines schnöden Wortbruchs verlegen die Augen senkte und
hohe Schamröte sein Antlitz bedeckte. Man gebot Huss Stillschweigen
und forderte seinen unbedingten Widerruf. „Kann ich widerrufen, was
‘ich nicht gesagt habe?“ fragte er weinend das umstehende Volk. „Er
ist ein Ketzer!“ schrie hierauf die Mehrheit der Versammlung. Der
Justizmord war indessen einmal beschlossen, und das „Schuldig“ wurde
über Johannes Huss gefällt, worauf Kaiser Sigismund sofort den
Befehl zur Hinrichtung desGlaubenshelden gab. Johannes
Huss ging mit Standhaftigkeit in den Tod. Vor Anzündung des Holz-
stosses forderte man ihn nochmals auf, doch zu widerrufen, und als er
sich dessen weigerte, so wurde der Scheiterhaufen angesteckt. Als die
Flammen emporschlugen, sang Johannes Huss mit fester Stimme ein
andächtiges Lied und betete sodann laut, bis ihm Rauch und Hitze den
Atem nahmen. So endete einer der grössten Wohlthäter des Menschen-
geschlechts.
1449. Kaspar Schlick, der vaterlandsliebende, echt deutsch ge-
sinnte Kanzler unter der Regierung dreier Kaiser — Sigismunds,
Albrechts II. und Friedrichs IH. — stirbt.
Von Schlick rührte der Entwurf einer Landfriedensordnung
her, welche ganz geeignet war, die Ruhe und Sicherheit im Innern des
Reichs dauernd und fest zu begründen.
1502. Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen stiftet die
Universität Wittenberg.
Die preussische Regierung hat dieselbe 1815 mit der Halleschen
vereinigt und dafür zu Wittenberg ein theologisches Seminarium errichtet.
1646. (Nach Anderen am 23. Juni) Gottfried Wilhelm Freiherr
von Leibniz, einer der grössten Denker aller Zeiten, mit dessen
Namen eine neue Entwickelung des menschlichen Geistes ver-
knüpft ist, zu Leipzig geboren, wo sein Vater Professor der Moral
war, den er aber schon im 6. Jahre verlor.