Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
II. Buch. Die Reichsversicherung. 81 
  
Tötung. Den wichtigen Maßnahmen auf dem Gebiete der Unfallverhütung ist immer 
mehr Aufmerksamkeit zugewendet worden. Die Verpflichtung zum Erlasse von Unfall- 
verhütungsvorschriften, die Uberwachung ihrer Durchführung, das Zusammenwirken 
von einzelstaatlicher Polizei und von Instanzen der Reichsversicherung zur Verwirk- 
lichung der Absichten des Gesetzes und die Strafbefugnisse bei Zuwiderhandlungen stel- 
len ebenso viele Kapitel sozialer Fürsorgetätigkeit dar, für die Verständnis in die be- 
teiligten Kreise zu bringen nicht immer leicht war und ist. Doch läßt sich wohl behaupten, 
daß die Verhältnisse eine merkliche Besserung gegen früher erfahren haben. Von nicht 
minderer Tragweite ist die gesetzlich gebotene Möglichkeit einer Heilanstaltspflege, die 
der in der Krankenversicherung nachgebildet ist, die mehrfach wiederholt und unter Um- 
ständen durch Krankenhauspflege ersetzt werden kann. Statt der Rente kann auch eine 
Aufnahme in ein Invalidenhaus, Waisenhaus oder eine ähnliche Anstalt erfolgen. Auch 
hier bietet die Statistik ein eindrucksvolles Bild: 
  
1901 1911 1885—1911 
Mt. Mt. Mt. 
8 Deilverfahen 2302 300 3682 900 52 040 100 
— Fürsorge in der gesetzlichen Wartezeit (676 
des Krankenversicherungegesehes) 745 300 12/40 200 12 8S0 000 
Geilanstaltbehandllnnngaaa 3730 600 5 169 100 77 416 700 
& [Angehörigenreente .... 987200 1 477 400 21 216 900 
Verletztenrneneee 71225 600 118 007 500 1 540 173 800 
Verletztenabfindung (IZnländrr) 1 396 000 2407 300 16 724 900 
Sterbegehhdn. 581 300 727 700 11 815 300 
Hinterbliebenenrente (Witwen-, Waisen- usw.) 17 262 600 32648 600 388 253 700 
Witwenabfinngag 666 300 1 014 400 14247200 
Ausländerabfindunnnggg 203 700 285 800 4481 700 
  
Summe der Entschädigungsleistungen 99301 100 166 610 900 2139 345 300 
In der Invaliden- und Hinterbliebenenversiche- 
rung ist noch weniger als in der Unfallversiche- 
rung die Rentengewährung objektiv als Haupt- 
ziel des staatlichen Einschreitens anzusehen. Bielmehr ist auch in diesem Zweige der 
Fürsorge die vorbeugende Tätigkeit mittels Einleitung eines Heilverfahrens das 
sachlich Wünschenswerteste, um die infolge einer Erkrankung drohende Invalidität ab- 
zuwenden; auch sind allgemeine Maßnahmen vorgesehen zur Verhütung des Eintritts 
vorzeitiger Invalidität unter den Versicherten oder zur Hebung der gesundbeitlichen 
Verhältnisse der versicherungspflichtigen Bevölkerung. Einer volkstümlichen Vor- 
stellungsweise entspricht aber mehr, an die Gewährung von Renten zu denken, deren 
Gesamthöhe in der Tat sehr beträchtlich ist, während sie für den einzelnen Versicherten 
meist eine recht unzulängliche Beihilfe bietet und ihn vor Armenunterstützung nicht 
unbedingt schützt. Znvaliden- und Altererente treten uns als bekannte Größen ent- 
gegen. Daß es nicht möglich ist, die letztere vor dem vollendeten 70. Lebensjahre zu 
Jhc) Invaliden- und 
Hinterbliebenenversicherung. 
  
  
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