Steine und Erden
Von Geh. Regierungsrat Dr. Victor Steger, Berlin
Die lachenden Fluren unseres deutschen Vaterlandes bergen unter der Hecke grüner
Wälder und blumiger Auen nicht nur die kostbaren Schätze der Erze und Kohlen, aus
denen uns der Hüttenmann wertvolle Metalle verschmelzt, und die wichtigen Salze,
namentlich das Kochsalz und die Kalisalze, sondern auch bescheidenere Rohstoffe, die
gleichwohl für die deutsche Industrie von dem höchsten Werte sind, nämlich die Steine
und Erden. Die stolzen deutschen Dome, die Paläste und Burgen legen rühmendes
Zeugnis ab von der Mannigfaltigkeit der auf deutschem Boden angewachsenen Gesteine,
der Granite, Tuffe, Basalte, Porphyre, Sand- und Kalksteine. Insbesondere das mitt-
lere und das südliche Deutschland liefern hervorragendes Material für Steinbauten.
Erratische Blöcke. ODie norddeutsche Tiefebene ist mit der mächtigen Decke alter
Moränen aus der Oiluvialzeit bedeckt. Auch sie birgt zahl-
reiche Gesteinsblöcke, die erratischen Blöcke, die einst Skandinavien gespendet hat,
als Gletscher von dort bis zu den Gebirgen Mitteldeutschlands herandrangen. Diese
Blöcke waren und sind ein begehrtes Bau- und Pflastermaterial. Auch Künstler
schufen aus ihnen zarte Gebilde und schöne Bauteile. Der Unterbau der neuen
Kirche am Hochmeisterplatz in Wilmersdorf ist bis zu der Höhe von mehreren Metern
aus bunten Werkstücken gebildet, und erst darüber erhebt sich der Backsteinbau. Diese
Werkstücke, eine Freude für den Mineralogen, stellen eine wahre Sammlung nordischer
erratischer Vlöcke dar.
Wo aber dieses erratische Material nicht ausreicht, sorgen Schienen- und Wasser-
straßen für einen billigen Transport des Gesteinsmaterials vom deutschen Süden und
Westen nach dem Norden.
Auch Marmor findet sich an mehreren Punkten Deutschlands. Ferner
hat man in Deutsch-Südwestafrika große Lager guten Marmors festgestellt.
Einer neuen schönen Verwendung ist der Marmor zugeführt worden. Marmorplatten
lassen sich auf eben geschliffenen Glas- oder Eisenplatten durch Harze festkitten und dann
so dünnschleifen, daß ihre Stärke nur den Bruchteil eines Millimeters beträgt. Solche
Pltten werden für Kirchenfenster, für Fenster in Treppenhäusern und als Scheiben
für Schränke benutzt. Die Aderung scheint in herrlicher Weise durch. Die Wirkung wird
noch gehoben, wenn man die dünnen Platten vorher in Säurebäder legt und anätzt.
Alsdann treten die Adern noch besser hervor. Für den Gebrauch schützt man die Platten
Marmor.
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