VI. Buch. Binnenhandel. 271
dies die 8 preußischen Plätze Berlin, Magdeburg, Stettin, Danzig, Königsberg, Elbing,
Köln und Koblenz, die 3 sächsischen Plätze Dresden, Leipzig und Chemnitz, die 3 Hanse-
städte, endlich Stuttgart, Mannheim und Straßburg. Zu diesen Börsen treten noch
mehrere börsenartige Gebilde. Nimmt man die Hamburger Börse aus — an ihr werden
Waren verschiedenster Art gehandelt, auch Fracht-, Versicherungsgeschäfte usw. ab-
geschlossen — so kann festgestellt werden, daß die deutschen Warenbörsen sich in der Haupt-
sache auf die Regelung des Verkehrs in Getreide und sonstigen landwirtschaftlichen
Erzeugnissen beschränken. Sie kommen also für den weitaus überwiegenden Teil des
Handels nicht in Betracht. Man kann sie als Märkte mit feinerer Organisation bezeichnen,
wobei zu beachten ist, daß sich die Grenze zwischen ihnen und gewöhnlichen, loser geordneten
Märkten leicht verwischt. Der Terminhandel, diese eigenartige Erscheinung des Börsen-
verkehrs, ist in beachtenswertem Umfange nur an einigen Plätzen vertreten, nämlich in
Berlin, Hamburg und Bremen, und zwar für Kaffee, Zucker, Rüböl und Baumwolle.
Produktivität des Binnenhandels. Die Frage, in welchem Maße der Binnen-
handel produktiv sei, hat in der öffent-
lichen Erörterung von jeher einen breiten Raum eingenommen. Die Prazis hatsich aller-
dings um die theoretischen Untersuchungen wenig gekümmert, die Wucht der Tatsachen
hat dem Handel die Stellung zugewiesen, die ihm als notwendigem Bestandteil der
Wirtschaftsorganisation zukommt.
Oie volkswirtschaftliche Bedeutung eines Berufszweiges richtig einzuschätzen, ist
eine ebenso schwierige wie notwendige Aufgabe: notwendig deshalb, weil die Wirtschafts-
politik, die nicht die Bevorzugung einzelner Interessen, sondern den Ausgleich der
verschiedenen Strömungen des gewerblichen Lebens zum Ziel hat, ohne die Abwägung
der die Bedarfsbefriedigung besorgenden Kräfte nicht eine Hebung, sondern eine Hemmung
der Gesamtwirtschaft herbeiführen würde; schwierig deshalb, weil die Rechnung, deren
Endsumme die Bedeutung des Berufszweiges erkennen lassen soll, aus zahllosen Posten
besteht und weil die sonst übliche Methode der Abwägung bei einem Teil dieser Posten,
den sogenannten Imponderabilien, völlig versagt. Ganz besonders gilt dies für den Ver-
such, die Bedeutung des Handels festzustellen.
Die Frage, welche Stellung ein Berufszweig im Gesamtrahmen der
Volkswirtschaft einnimmt, gliedert sich in die zwei Fragen:
Welche Oienste leistet er bei der allgemeinen Bedarfsbefriedigung?
ZIn welchem Umfange dient er als Nahrungsgewerbe für eine begrenzte Klasse-
von Personen, nämlich für die in ihm tätigen?
Oie erstbezeichnete Frage kann hier kurz abgetan werden. Ze komplizierter das
Wirtschaftswesen ist, um so weniger entbehrlich ist eine Organisation, die der aus der
Produktion quellenden Gütermenge den Abfluß bahnt. Wir wollen hier nur einen einzigen
Punkt berühren, der für den heutigen Stand des Wirtschaftslebens von höchster Wichtig-
keit ist. Ohne einen leistungsfähigen Handel, der die erzeugten Güter aufnimmt und
die Vorratshaltung besorgt, würden die produzierenden Gewerbe, insbesondere
Zndustrie und Landwirtschaft, aus einer Krisis in die andere taumeln.
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