206 Zoologie. X. Buch.
Stadiums, sondern auch des vierzelligen, achtzelligen und sogar des sechzehnzelligen
Stadiums konnten bei manchen dieser Tiere noch vollständige Larvenformen erzogen
werden, während bei anderen Tieren, z. B. Ascidien und Rippenquallen aus solchen
Teilstücken nur Halb- und Viertelembryonen, also entsprechend dem Prinzip der organ-
bildenden Keimbezirke nur diejenigen Körperpartien geliefert werden, die in jenen Teilen
als Anlage vorhanden waren. Nach den Ergebnissen dieser Versuche dokumentiert sich
die Entwicklung entweder als eine solche, bei welcher ihr Verlauf schon von den frühesten
Stadien an vorgezeichnet schien, die ins Moderne übersetzte Präformation oder aber als
eine solche, bei der sich aus isolierten Teilen Körperpartien anderer Arrt entwickeln konnten,
als diejenigen, welche eigentlich aus ihnen hervorgehen sollten. Im letzteren Fall findet
also recht eigentlich eine Neubildung statt und die Entwicklung verläuft unter dem Bild
der Epigenesis. Diese Gegensätze stehen sich also gegenüber und man hat versucht, sie nach
Möglichkeit zu überbrücken. Wie das geschah, kann an dieser Stelle nicht verfolgt werden,
dagegen dürfte hier vor allem die Fähigkeit des in Entwicklung begriffenen Organismus
interessieren, auch bei so tiefgehenden, Eingriffen nach Verlust beträchtlicher Teile und aus
verhältnismäßig geringen Resten unter Umständen das Ganze zur Auskbildung bringen
zu können. Es sind dies, ähnlich wie die früher besprochenen Erscheinungen, höchst über-
raschende Resultate dieser experimentellen Forschung, die man früher für völlig unmöglich
gehalten haben würde. u
Was bier zur Harstellung gelangte, sind nur einige wenige Versuche aus der großen
Anzahl der zur Ausführung gelangten das Determinationsproblem betreffenden Experi-
mente; sie sollen nur ein Bild davon geben, wie und nach welchen Gesichtspunkten man
dabei verfuhr. Von der Art und Weise, wie sie unternommen wurden und von den dazu
nötigen sinnreich ausgedachten feinen Methoden kann hier leider nicht die Rede sein,
ebensowenig von den sehr verschiedenartigen, häufig das Wesen der Entwicklungs- und
Lebensvorgänge an ihren Wurzeln berührenden Fragstellungen. Außer mit den wichtig-
sten Fragen, welche das Determinationsproblem stellte, beschäftigen sich diese Unter-
suchungen mit den übrigen Fragen nach den Ursachen der Entwicklungsvorgänge, z. B.
den von außen kommenden Einwirkungen (Einfluß der Schwerkraft, der Temperatur,
des Lichtes usw.), ferner den bei der Entwicklung wirkenden inneren Faktoren (Zellteilung,
Wachstum, Verlagerung der Elemente usw.). Darüber geben außer den speziellen Unter-
suchungen die zusammenfassenden Schriften von Rouzx und Driesch am besten A#lus-
kunft. Auch K. Heider, O. Maas und Przibram gaben übersichtliche Darstellungen
dieses Gebiets und ganz neuerdings (1913) hat dies C. Herbst als ein berufener Vertreter
im Handwörterbuch der Naturwissenschaften getan.
Als ein besonderer Zweig der experimen-
tellen Morphologie, mit der Entwicklungs-
mechanik in engem Zusammenhang stehend, hat sich neuerdings eine Richtung ausgebildet,
die zwar schon recht alt ist und ihre Wurzeln im vorvergangenen Zahrhundert hat, aber
doch erst unter dem Einfluß der modernen experimentellen Forschungsmethode zur Blüte
gelangen konnte, nämlich die Lehre von der Regeneration und der mit ihr auf das engste
Regeneration und Transplantation.
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