X. Buch. Zoologie. 207
verbundenen Transplantation. Abnlich wie auf rein entwicklungsmechanischem Gebiet
hat die Experimentalzoologie hier ganz besonders wertvolle Ergebnisse zu verzeichnen.
Von der Entwicklungsphypsiologie unterscheidet sie sich hauptsächlich dadurch, daß ihre
Objekte nicht in Entwicklung begriffene, sondern mehr oder weniger ausgebildete Tiere
sind. Wie die Experimente auf entwicklungsphysiologischem Gebiet ließen auch die Re-
generationsversuche an erwachsenen Tieren ein bei ihnen noch vorhandenes ungemein
weitgehendes Umbildungsvermögen der Teile erkennen. Es stellte sich nicht nur heraus,
daß außerordentlich kleine Teile des Körpers (bei Planarien und Polppen bis zu ½/100
oder sogar ½200 seines Volumens) noch in der Lage sind, die verloren gegangenen Partien
neu zu bilden und das ganze Tier wiederherzustellen, sondern daß selbst kleinfte isolierte
Teile und sogar einzelne Zellen sich wieder vereinigen und den ganzen Körper von neuem
aufbauen können. Von größerem Interesse sind bisher durchaus nicht nur die Neubil-
dungsvorgänge, sondern ganz besonders auch die Rückbildungs-, Einschmelzungs- und Um-
bildungsprozesse, die sich dabei im Körperinnern des regenerierenden Stückes abspielen.
Das Studium der Regenerationsvorgänge hat sich für die Beurteilung vieler Fragen der
allgemeinen Morphologie als außerordentlich fruchtbar erwiesen und ihnen trat hilf-
reich dasjenige der Transplantation zur Seite, welches mit jenem zusammen nicht nur
zahlreiche auch für die Entwicklungsmechanik bedeutungsvolle Tatsachen zutage förderte,
sondern auch praktisch wichtige, besonders für die Chirurgie sehr nützliche Ergebnisse
zeitigte (man vgl. die zusammenfassenden Harstellungen von Th. Morgan: Regenera-
tion 1900, E. Korschelt: Regeneration und Transplantation 1907, G. Schöne: Trans-
plantation 1912).
Philosophische Spekulationen. Die Frage nach den Ursachen der Entwick-
lungsvorgänge bringt es mit sich, daß dabei
auch diejenige nach dem Zustandekommen der Lebensvorgänge im allgemeinen aufge-
worfen und mancherlei Dinge behandelt werden, welche der direkten Beobachtung nicht
zugänglich sind. Sowohl die Fragestellungen, wie auch ihre Beantwortungen sind in
dem Bereich der Entwicklungsphosiologie zum Teil mehr allgemeiner und spekulativer
Natur. Wie auf anderen Gebieten der Zoologie, zumal auf dem der Abstammungs- und
Vererbungslehre, der Frage nach der Entstehung des Lebens, der Urzeugung uff.,
theoretische Spekulationen mehr oder weniger weitgehender Natur die durch die Beob-
achtung gefundenen Tatsachen in Verbindung zu bringen und der Forschung neue Bah-
nen zu eröffnen suchten, so haben sich derartige Bestrebungen begreiflicherweise von vorn-
herein auch in der Entwicklungsphpsiologie geltend gemacht. Wenn hier eine mehr
mechanistische Erklärung im Wesen der ganzen Richtung zu liegen schien und sich in dem
zuerst für sie gewählten Namen aussprach, so wandten sich doch einzelne ihrer namhaften
Vertreter ganz anderen, mehr vitalistischen Erklärungsversuchen und damit rein philo-
sophischen Spekulationen zu. Am deutlichsten kommt dies bei Oriesch zum Ausdruck,
der von experimentellen Studien an tierischen Objekten ausgehend, in seinen Publika-
tionen allmählich immer mehr auf rein theoretisches Gebiet gelangte, um bei der jetzt
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