Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. Innere Medizin. 211 
  
Bekämpfung der gechell ne große Farsebcton — 
„der eger wiren ennen, dazu gehören 
Unfektionskrankheiten. vor allem die sogenannten exanthematischen Krankheiten 
(Masern, Scharlach, Pocken, Windpocken, Fleckfieber), die Leistungen der letzten Jahr-- 
zehnte sind aber außergewöhnlich groß; sie haben unsere Anschauungen über die In- 
fektion von Grund aus geändert und damit die Grundlage geschaffen zur Bekämpfung 
der Infektionskrankheiten. Das Gesetz vom 30. Juli 1900, welches die staat- 
lichen Maßnahmen bei Pocken, Flecktpphus, Gelbfieber, Pest, Tholera und 
Lepra enthält, gibt davon Kunde. 
Oer Hauptsache nach handelt es sich um eine Verbreitung, respektive Einschleppung 
dieser Krankheiten zu verhindern, um eine Über wachung des Personenverkehrs 
(Überland-, Schiffahrts-, Flußverkehr, Binnenverkehr), des Warenverkehrs (besonders 
bei häufig infizierten Waren, wie Hadern, Lumpen; die Schiffe werden bei Pest- 
verdacht auf infizierte Pestratten untersucht), Wohnungsüberwachung, Schaffung 
geeigneter Transport mittel (Infektionskrankenwagen), schnelle Unschädlich- 
machung von infizierten Leichen (Einschlagen in Sublimattücher, schnelle Ent- 
fernung aus den Häusern), Uüberwachung von Trinkwasserleitungen ist in guter 
Weise organisiert. 
Bei Masern, Scharlach, Keuchhusten, Diphtherie, Zerebrospinalmenin- 
gitis, Influenza, Abdominaltyphus, Dyosenterie und Tuberkulose bestehen 
keine Reichsbestimmungen. Die Bundesstaaten gehen sehr verschieden vor. Die preußi- 
schen Bestimmungen sind in den Anweisungen des Kultusministers zur Ausführung 
des Gesetzes betreffend die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 28. August 1905 
enthalten. Auf Grund der bakteriologischen Kenntnisse ist die Ssolierung des infizier- 
ten Kranken als das zuverlässigste Mittel zur Einschränkung der Infektions- 
krankheiten immer mehr in Aufnahme gekommen. Die größeren Krankenhäuser 
haben heute alle Isolierabteilungen; auch das Publikum hat sich von Zahr zu Jahr mehr 
daran gewöhnt, bei Infektionen wie Diphtherie, Scharlach usw. selbst die Kinder frei- 
willig in die Krankenhäuser zu überweisen. 
Die Uberwachung der Schule, welche durch die Schulärzte sehr erleichtert wird, 
ist bei epidemischen Krankheiten unbedingt erforderlich. 
Oie bakteriologische Untersuchung hat uns auch die Kenntnis barüber gebracht, 
daß es gesunde Personen gibt, welche pathogene Keime beherbergen und dadurch 
ihrer Umgebung gefährlich werden, sie werden als „Bazillenträger“ bezeichnet und 
spielen besonders bei Verbreitung der Genickstarre, der Diphtherie und des Iyphus abdo- 
minalis eine Rolle. 
Durch Anlegen von guten Wasserleitungen, Regelung des Abfuhrwesens 
(Kanalisation), durch Wohnungshygiene wurde viel auch zur Vermeidung von Infek- 
tionskrankheiten geleistet. In Preußen sind überall als beratende Instanz zur Unter- 
stützung der Kreisärzte „Gesundheitskommissionen“ eingesetzt, welche die Verhältnisse 
an Ort und Stelle jahraus, jahrein zu bessern suchen. 
Biele Gemeinden führen die Desinfektion von infizierten Wohnungen kostenlos 
  
  
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