218 Innere Medizin. X. Buch.
kämpfer ahnte, recht behalten, wir glauben heute mit Recht mehr als je: „die Tuberkulose
ist heilbar.“ Wir können auf Grund unserer bisherigen Erfolge nicht unberechtigt die
Hoffnung aussprechen: Die Tuberkulose wird verschwinden, wie einst der ihr verwandte
Aussatz die Geißel des Mittelalters, in Deutschland fast verschwunden ist.
Herzkrankheiten. Die Herzkrankheiten sind durch die Verfeinerung der gra-
phischen Methoden, durch pathologisch anatomische Unter-
suchungen, durch die Nöntgendiagnostik sehr gefördert worden. Es gelang mit Hilfe der
Sphoygmographie, einer Methode, welche durch einen lleinen, ingeniösen Apparat die
pulsatorische Bewegung aufzuschreiben gestattet, eine genaue Analpse der Bewegungen;
die Lehre von Unregelmäßigkeiten (Arhythmien) sind vor allem durch die Entdeckung
von bestimmten Muskelbündeln im Herzen (His), welche als Reizleiter dienen, sehr
gefördert worden; es hat eine unendliche Mühe, intensive Kleinarbeit gekostet, ehe
diese Erkenntnis gesichert wurde. #ls neuere Untersuchungsmethodik ist in den letzten
Zahren das Elektrokardiogramm hinzugekommen, welches mit Hilfe eines von Ein-
thoven konstruierten Saitengalvanometers gewonnen wird und die feinsten im Körper
entstehenden elektrischen Ströme aufzuschreiben gestattet. Durch die Unfallgesetzgebung
mußten die ATrzte mehr als früher auf den Zusammenhang zwischen Verletzung und
Krankheiten achten, grade bei den Herzkrankheiten sind in dieser Hinsicht wertvolle neue
Beobachtungen gemacht worden. Auch die Wichtigkeit der Herzfunktion wurde
besonders durch die Entwicklung der therapeutischen Anschauungen mehr studiert als
früher. Die Behandlung der Herzkrankheiten hat große Fortschritte gemacht; die Ein-
führung, respektive der Ausbau der Bädertherapie, das eingehende pharmakologische
Studium des hauptsächlichsten Herzmittels, der Blätter des Fingerhutes (Digitalis
purpurea) sind neben der Entwicklung der phypsikalischen Heilmethoden besonders zu
nennen. Von Gefäßkrankheiten ist die Arteriosklerose, die „#rterienverkalkung“,
welche für eine erschreckend große Anzahl von Menschen die Ursache frühzeitigen Alterns,
Siechtums und Todes ist, mit heißem Bemühen studiert worden. Es ist durch die
neueren serologischen und bakteriologisch-mikroskopischen Methoden als nicht seltene
Ursache die Spphilis erkannt worden, welche besonders die Hauptschlagader frühzeitig
verändert und vielfach dadurch zu Herzfehlern Veranlassung gibt. Alkohol und Nikotin--
mißbrauch sind weitere häufige ursächliche Momente. Bei Tieren gelang es, durch Adre-
nalin, einen Stoff, welcher aus den Nebennieren gewonnen wird, Arterienveränderungen
zu erzielen. Infektionskrankheiten, Gifte wie Blei, wirken disponierend. Die Auf-
regungen, die nervöse Hast, welche als charakteristisch für unsere Zeit des erschwerten
Kampfes ums Oasein mit all seiner ewigen Unruhe gelten, tragen neben den genannten
Schädigungen dazu bei, daß leider die Arteriosklerose durchaus nicht mehr eine Krank-
heit des hohen Alters ist, sondern in von Zahr zu Fahr erhöhter Weise auch Menschen
schon vor dem 40. Lebensjahre betrifft, diese altern in geistiger und körperlicher Weise
frühzeitig, denn der Mensch ist so alt wie seine Arterien.
Wegen des geringen zur Berfügung stehenden Raumes können eine Anzahl von
weiteren Krankheitsgruppen nur kurz zusammenfassend abgehandelt werden.
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