R. Buch. I. Entwicklung, Wissenschaft und Unterrichtswesen. 305
Mergel in reichsten Mengen für das neugewonnene Land zur Verfügung standen,
nachdem das Wesen einer rationellen Pflanzenkultur richtig erkannt war und schließlich
auch gute und sich in gleicher Höhe haltende Frucht- und Viehpreise, wie sie jetzt durch
die Einfuhrzölle gewährleistet werden, die Nentabilität der Neuanlagen verbürgten.
Aber nicht nur haben wir begonnen, alles anbaufähige Land
in der Heimat für die Ernährung unseres Volkes auszunutzen,
auch den Boden der tropischen Sonne hat der deutsche Landwirt jetzt in Arbeit
genommen. Nachdem der Weltverkehr mit spielender Leichtigkeit und Schnelligkeit und
auch mit verhältnismäßig geringen Kosten selbst die voluminösen Stoffe bewältigt,
haben die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der tropischen Sonne immer mehr Aufnahme
bei uns gefunden. Sie werden nicht nur von unserer Industrie in ungeheuren Mengen
benötigt (Baumwolle, Sisal, Kautschuk usw.), sondern dienen nicht minder auch der
Ernährung des deutschen Volkes und seines Biehstandes, und zwar in einer Weise, daß
sie bereits unentbehrlich sind. Die Entwicklung unseres Volkes würde stillstehen, wenn
sie fehlten. Zum GElück wurden uns nun seit 1884 eigene Kolonien zuteil, und es er-
weiterte sich unser kolonialer Besitz in den letzten 25 Jahren derart, daß der Umfang
unserer Kolonien heute fast das Ööfache der Größe des Mutterlandes ausmacht. Der
deutsche Landwirt von heute hat daher nicht nur die Aufgabe, auf heimatlicher Scholle
die für das Volk erforderlichen Stoffe zu erzeugen, sondern er ist ebensosehr verpflichtet,
nachdem wir einmal eigenen kolonialen Grund und Boden — und obendrein auch sehr
guten — erworben haben, auch diesen zu bearbeiten und ihm das abzuringen, dessen
unser Volk bedarf. Das fordert die neue Zeit gebieterisch vom deutschen Landwirt,
und zum Elück ist er sich dessen heute bewußt! Anfänglich trat er zwar recht zaghaft und
obendrein auch aus Furcht vor Konkurrenz mit Mißtrauen erfüllt an das neue Problem,
und so vergingen die ersten 15 Zahre in unseren Kolonien, ohne daß ein rationeller land-
wirtschaftlicher Geist sich dort entfaltette. Dafür ist nun aber auch in den letzten Jahren
um so viel eifriger gearbeitet worden. Dank der kräftigen Hilfe des Reichskolonialamtes,
sowie des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees und der Heutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft und dank der arbeits- und opferfreudigen Tätigkeit tüchtiger Männer der
Wissenschaft hüben und drüben ist jetzt ein gesundes Fundament der deutschen tropischen
Landwirtschaft und die Aussicht auf eine glänzende Entwicklung vorhanden.
Wir Deutsche sind geborene Landwirte und haben den Ackerbau und die Biehzucht
praktisch und wissenschaftlich auf eine solche Höhe gebracht., daß wir in diesem Berufe
voranmarschieren. Wenn wir uns um die Welt weiter verdient machen wollen, so er-
fordert es unsere Ehre und ist es unsere Pflicht, im Ausbau auch der kolonialen Landwirt-
schaft nicht hinter anderen Völkern zurückzustehen. Das erfordert aber auch das Lebens-
interesse und der wachsende Wohlstand unseres Volkes.
Der Gesamtverbrauch unseres Volkes an landwirtschaftlichen
Stoffen ist von mir zurzeit auf rund 16 Milliarden Mark be-
rechnet worden;z davonliefert / der heimische Boden, für gegen 12 Milliarden Mark, Stoffe,
und mit dem Restvon 4 Milliarden Mark —= 25%, sind wir vom Auslande abhängig. Von die-
Boden der Tropen.
Gesamtverbrauch.
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