Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. II. Eilenbahnen. 345 
  
Neben der entsprechenden Weiterbilbung und Berbes- 
serung der Motoren dienten zur Erreichung dieses 
Zieles und gleichzeitig auch zur Bewältigung des 
immer mehr anwachsenden Massenverkehrs die vielfach bewirkten baulichen Ver- 
besserungen der Bahnanlagen durch Streckenabkürzungen, Linienänderungen und 
Umlegungen bestehender Bahnen, durch Vermehrung der Anzahl der Streckengleise in der 
Nähe der wichtigsten Knotenpunkte des Verkehrs — meist unter gleichzeitiger Trennung 
der Gütergleise von den Personengleisen, der Vorortgleise von den Ferngleisen —, durch 
den Umbau unzulänglich gewordener Bahnhofsanlagen, durch die Wegschaffung stören- 
der Richtungswechsel (Spitzkehren) an Unterwegsstationen, sowie durch die Beseitigung 
vorhandener UÜbergänge in Schienenhöhe. Immer mehr rang sich die Erkenntnis durch, 
daß es von einem gewissen Verkehrsumfang an vorteilhafter sei, größere Anlagekosten 
nicht zu scheuen, wenn damit angemessene Vorteile für eine schnelle Abwickelung des an- 
wachsenden Verkehrs sowie für die Steigerung und Verbilligung der Betriebsleistungen 
erreicht werden können. Unter Festhaltung dieser Anschauung wurde bei der Durchfüh- 
rung dieser baulichen Verbesserungen die deutsche Eisenbahnbautechnik sowohl im Tunnel- 
wie auch im Brückenbau und im Bau eiserner Dächer vor neue große Aufgaben gestellt. 
Reichen auch die Leistungen Deutschlands im Tunnelbau in der Länge der Bau- 
werke nicht an die Herstellungen gleicher Art in den Hochgebirgen der Schweiz und 
Osterreichs heran, so ist doch die Anzahl der in den letzten Jahren ausgeführten 
Tunnel eine erhebliche, und Tunnelausführungen, wie die bei Elm im Zuge der 
Linie Bebra-Frankfurt, überragen immerhin das Ourchschnittsmaß solcher Bauwerke 
sowohl nach Länge — 3500 m — als auch nach der Schwierigkeit der Ausführung 
recht wesentlich. Vor Aufgaben ganz neuer und eigener Art aber, die in der glück- 
lichsten Weise gelöst worden sind, fand sich die deutsche Tunnelbaukunst gestellt bei 
dem Bau der Untergrundstrecken in den beiden größten Städten des Reiches, in 
Berlin und Hamburg, in denen das Bahngleis bis zu 3 m in das Grundwasser ein- 
taucht, das durch Absenkung während des Baues von den Baugruben und durch sorg- 
fältige Dichtung der Sohle und der Mauerwerkskörper von dem fertigen Bahnkörper 
fernzuhalten war. 
Bauliche Verbesserungen 
der Bahnanlagen. 
  
  
Brücken- und Hallenbau. Ebenso ist der Brücken- und Hallenbau durch die 
fortschreitende Entwickelung der Eisenbahnen in her- 
vorragendem Maße gefördert und befruchtet worden. Die gewaltigsten eisernen und 
gewölbten Brücken Deutschlands tragen Eisenbahngleise; die Talbrücke über das 
Wuppertal bei Müngsten (1897) — mit 180 m Spannweite und 107 m Höhe die 
größte Cisenbahnbrücke des europäischen Festlandes — die neuen Rheinbrücken bei 
Mainz (1905), Köln (1908) und ODüsseldorf (1898) mit Spannweiten der größten 
Offnungen von 157, 160 und 181 m, die Donaubrücke bei Passau (1904) mit Öff- 
nungen von 110 m und viele andere legen im Verein mit den großen Hallenbauten 
der Bahnhöfe in Hamburg (72 m Stützweite), Köln (63,9), Dresden (59), Frankfurt a. M. 
(55,0) und in vielen anderen Städten Zeugnis ab von dem gewaltigen Ausschwung im 
  
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