346 Die technischen Wissenschaften. X. Buch.
Bau eiserner Bauwerke; ebenso bekunden die großen süddeutschen Wölbbrücken, z. B.
die Gutachbrücke im Schwarzwald, und die Hllerbrücke bei Kempten (65 m Stützweite)
uff., wesentliche Fortschritte im Bau steinerner Brücken. Schwierigkeiten besonderer
#rt waren auch in den zahlreichen Fällen zu überwinden, in denen das mit den geforder-
ten Verkehrsleistungen ebenfalls unablässig steigende Achs- und Gesamtgewicht der Loko-
motiven zum Umbaus schadhaft gewordener Wölbbrücken oder zur Auswechselung älterer,
für die neuen Lasten zu schwacher Eisenbrücken unter Aufrechterhaltung des Betriebes,
also im letztern Falle zumeist zur Einschaltung neuer Träger, oftmals beträchtlicher Spann-
weiten, innerhalb weniger Stunden zwang.
Gleis-Oberbau. Oieses stetige Anwachsen der Achsdrücke der Lokomotiven — 1888
größtes Gesamtgewicht etwa 45, größter Raddruck 6 bis 7 t,
1915 größtes Gesamtgewicht ungefähr 80, größter Achsdruck 8, in Ausnahmefällen selbst
9 bis 10 t — hat naturgemäß, ebenso wie die Steigerung der Zugsgeschwindigkeiten,
wesentlichsten Einfluß auch auf die Weiterbildung und Ausgestaltung der eisernen Spur-
bahn — des Gleisoberbaues gehabt, die den unablässig Tag und Nacht rollenden Zügen
stets einen widerstandsfähigen Weg bieten muß. Den wachsenden Beanspruchungen erwies
sich das Langschwellengleis, das 1888 unter 68 500 km gesamten Gleislängen der
Haupt- und Nebeneisenbahnen Heutschlands noch mit 5850 km vertreten war, nirgends
mehr gewachsen, es ist heute bis auf wenige Anwendungen unter besonderen Berhältnissen
verschwunden. Die Gleise sind jetzt ausschließlich durch Querschwellen gestützt und aus
Breitfußschienen gebildet, bei deren Formgebung neben den gesammelten Erfahrungen
auch die inzwischen wesentlich gestiegene Vervollkommnung der Schienenerzeugung von
erheblichem Einfluß gewesen ist. Während im Jahre 1888 das Streckenhauptgleis der
meistbefahrenen deutschen Bahnen Schienen von etwa 35 ka m Gewicht und nur selten
über 7,5 m Länge auf Querschwellen von 2,58—2,5 m Länge, meist noch in Kiesbettung,
aufwies, zeigt heute ein solches Gleis Schienen von 45—50 ko %m Gewicht und 12—15 m
Länge auf 2,7 m langen Schwellen in Steinschlagbettung. Alle Gleisteile und deren Ver-
bindungen sind heute in ihren Einzelheiten der fortgeschrittenen Erkenntnis von den am
Eleise wirksamen Kräften entsprechend und derart ausgebildet, daß sowohl die lotrechten
Drücke nach und nach in dem erforderlichen Maße so weit verteilt und hierbei verringert
werden, daß die Erdmassen der Dämme und Einschnitte diesen Druckwirkungen der Betriebs-
mittel zu widerstehen vermögen, als auch die oftmals erheblichen wagerechten Kräfte
von den Gleisteilen ohne Schaden aufgenommen werden können. Vor allem hat sich
in den letzten Jahrzehnten der schwächste Punkt der GEleise, die Laschenverbindung,
größter Aufmerksamkeit und anerkennenswerter Fortschritte zu erfreuen gehabt. Zahl-
los sind die verschiedenen Vorschläge zur Kräftigung dieser höchstbeanspruchten Stellen
und wenn auch das Ziel, ihnen dieselbe Widerstandsfähigkeit zu verleihen, welche die
Schiene in ihren mittleren Querschnitten besitzt, zurzeit noch nicht vollständig erreicht
werden konnte, so sind doch die Fortschritte in dieser Richtung sehr anerkennenswerte,
und es ist die Hoffnung nicht unberechtigt, daß in Zukunft ein nahezu stoßfreies
Gleis die ideale Bahn für die verkehrenden Züge bilden wird. Dabei ist die Frage nach
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