X. Buch. II. Eisenbahnen. 349
Im Bau der Güterwagen tritt das Bestreben hervor, Trag- und Ladefähigkeit
gegen früher zu vergrößern und mehr als sonst zahlreiche Sonderwagen verschiedenster
Art für bestimmte Güter, z. B. Milch, Obst, Fische, Bier u. dgl. bereitzustellen. Auch
Einrichtungen zum raschen Entladen von Massengütern ohne größere Handarbeit (Selbst-
entlader, Talbotwagen) finden sich bei steigenden Löhnen immer häufiger. —
Großer Intelligenz, rastlosen Strebens und
unermüdlicher Arbeit seitens aller Be-
teiligten hat es in den hinter uns liegenden 25 Jahren bedurft, um die schwierige Auf-
gabe zu lösen, ungeachtet der steigenden Massenhaftigkeit und Dichte des Verkehrs,
sowie der wachsenden Geschwindigkeiten, die das Gefahrenmaß der verkehrenden Züge
erheblich vergrößerten, doch die Sicherheit der verkehrenden Züge unbedingt zu ge-
währleisten und die Sicherungs- und Signalanlagen der Eisenbahnen so weit zu
entwickeln, daß dieses Ziel erreicht wurde. Dem Zusammenwirken der Eisenbahnver-
waltungen mit den Spezialfirmen der Industrie ist es gelungen, auf diesem Gebiete
Hervorragendes zu schaffen. Die Zahl der Betriebsunfälle ist in der Zeit von 1900 bis
1909 von 73 bis 52 auf je 10 Millionen Zugkilometer, die Zahl der verunglückten Per-
sonen von 69 auf 49, der verunglückten Reisenden von 8 bis 5 auf je 10 Millionen beför-
derte Personen gesunken. In diesen Zahlen der Reisesicherheit steht Deutschland heute
unerreicht da. Diesen Erfolg verdankt es in der Hauptsache der jetzt unbedingten Herr-
schaft der Raumfolge der Züge, bei der sich in dem Zwischenraume zwischen zwei
Blockstationen nie zwei Züge auf demselben Eleise befinden dürfen, die auf seinen
Betriebsgleisen an Stelle der früher üblichen nur durch den Fahrplan festgelegten
Zeitfolge getreten ist. Kein Zug darf von einer Station abgelassen werden, wenn
nicht vorher festgestellt ist, daß der voraufgegangene Zug sich unter der Deckung
der nächsten Station befindet. Ferner ist von wesentlichem Einfluß gewesen die
Einführung der elektrischen Streckenblockung, die weitgehende Ausnutzung des
Fernschreibers und des Fernsprechers im Sicherungs- und Meldedienst der
Züge, der weitere, durch die größeren Zugegeschwindigkeiten bedingte Ausbau der
Signaleinrichtungen durch Zufügung der Vorsignale, die dem Lokomotioführer auch
bei unsichtigem Wetter in genügender Entfernung (Bremsweglänge) Aufschluß über die
Stellung des Hauptsignales geben, sowie endlich die Zusammenfassung der Signale und
Weichen auf Bahnhöfen in Stellwerken, in denen diese für die Sicherheit des Zug-
betriebes so wichtigen Teile derart miteinander in Abhängigkeit stehen, daß sämtliche für
einen Zugslauf nötigen oder Gefahren von ihm abweisenden Weichen erst richtig gestellt
sein müssen, ehe das Signal zur Benutzung dieser Fahrstraße auf freie Fahrt gestellt
werden kann, und andererseits durch das Freigeben des Signals alle vorbezeichneten
Weichen so festgelegt werden, daß sie nicht umgestellt werden können, solange das Signal-
bild „Freie Fahrt“ zeigt. Die hierdurch gewonnene Abhängigkeit der Weichen und Sig-
nale voneinander und deren Festlegung von einer für die Betriebssicherheit verantwort-
lichen Stelle, dem Fahrdienstleiter, aus, ist auf allen Hauptlinien zur Ourchführung ge-
langt. Zur Festlegung wird fast stets elektromagnetischer Schwachstrom benutzt, während
Sicherungs- und Signalanlagen.
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