X. Buch. V. Elektrotechnik. 365
land etwas früher); Lahmeyer war bei uns der erste, der Maschinen nach der neuen
Erkenntnis baute.
Aun folgte eine Erforschung des magnetischen Kreises und der magnetischen Eigen-
schaften des Eisens mit dem Ziele, die Maschinen sicherer vorausberechnen und verbessern
zu können. Methoden zur Eisenuntersuchung waren bekannt; ihre nun gesteigerte
Bedeutung führte aber zu wichtigen Verbesserungen. Für die Prüfungen des Eisens
auf die Verluste, die bei seiner Ummagnetisierung durch Hysterese und Wirbelströme
auftreten, wurden Apparate von Epstein, Möllinger und von Rudolf Richter an-
gegeben und, damit die mit ihnen gewonnenen Ergebnisse ohne weiteres miteinander
verglichen werden könnten, für ihre Anwendung vom Verbande Deutscher Elektrotech-
niker im Jahre 1903 eine Norm aufgestellt. Eine natürliche Folge war nun, daß man das
Eisen so zu verbessern strebte, daß die Verluste geringer würden; das gelang haupt-
sächlich durch Legierung mit Silizium.
Aus der Kenntnis des magnetischen Kreises heraus wurde dann Ende der 80er
und Anfang der 90er Zahre die Form der elektrischen Maschine zu dem bis heute fest-
gehaltenen Typus entwickelt, für den außer der oben erwähnten Gedrungenheit für
größere Maschinen die Bielpoligkeit charakteristisch wurde.
Oie durch die vielpolige Ausbilbung des Feldmagnetspstems an den Anker gestellte
Forderung zu befriedigen wurde leicht, nachdem Arnold im ZJahre 1891 die Anker-
wicklungen in ein Sostem gebracht hatte. Mit dem zunehmenden Verlangen der Induftrie
nach größeren Maschinen wurde auch das Bestreben dringlicher, aus Maschinen be-
stimmten Gewichts eine möglichst große Leistung herauszuholen. Zhrer Ausnutzung
bis zur natürlichen, durch die Erwärmung gezogenen Grenze stand aber noch ein großes
Hindernis entgegen: die Funkenbildung am Stromabnehmer, dem sogenannten Kommu-
tator. Diese hielt zwar der Laie für die selbstverständliche Außerung einer stark bean-
spruchten Maschine, etwa wie bei einer Lokomotive das heftige Auspuffen. Der Fach-
mann aber sah sie mit Kummer; und seinen theoretischen Forschungen gelang es, das
Funken in seinen Ursachen zu ergründen und durch geschickt angewandte Mittel zu be-
seitigen. Das erfolgreichste Mittel fand in den von Menges erfundenen Wendepolen
nach Ablauf des Patentes 1899 allgemeine Verbreitung.
Nun war es auch möglich, solche Gleichstrommaschinen zu bauen, deren Entwicklung
bisher durch die Funkenbildung in besonderem Maße gehemmt war: Maschinen mit
sehr großen Geschwindigkeiten, wie sie für Antrieb durch Dampfturbinen gefordert
wurden, Motoren mit schnell und stark veränderlicher Belastung, wie sie hauptsächlich
in hüttenmännischen Betrieben gebraucht wurden, und Motoren, deren Geschwindig-
keit in weiten Grenzen geregelt werden sollte.
Wechselstromtechnik. Von Wechselstrom war im Zahre 1888 noch kaum die
Kede; die erste praktische Anlage mit parallelgeschalteten
Transformatoren zur Umwandlung hochgespannten in niedergespanmten (d. h. unmittel-
bar gebrauchsfähigen) Wechselstrom, also nach einem heute allgemein verbreiteten Systeme,
war von der Ofen-Pester Firma Ganz & Cie. 1887 für den Wiener Westbahnhof erbaut
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