Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
372 Oie technischen Wissenschaften. X. Buch. 
  
schaft, unter andern von Schwaiger einer gründlichen theoretischen Behandlung und 
praktischen Ausbildung unterzogen wurden; die ersten deutschen Schnellregler gaben 1908 
die Siemens-Schuckert-Werke heraus. Schließlich ist noch der zur Umwandlung 
des Wechselstromes in Gleichstrom bestimmte Umformer zu nennen, anfangs eine aus 
Wechselstrommotor und Gleichstromgenerator bestehende Doppelmaschine, später durch 
den amerikanischen sogenannten Einankerumformer ersetzt. In Deutschland wurde der 
Umformer u. a. durch die Erfindung des Kaskadenumformers von Bragstad und 
La Cour im JFahre 1904 weiter ausgebildet. 
Sehr viel mannigfaltiger wurden die elektrischen Anlagen auch durch die außer- 
ordentlich gesteigerte Vielseitigkeit der Amwendung elektrischer Betriebskraft. Von solchen 
Betrieben sollen hier wenigstens die im Berg- und Hüttenwesen, in der Fördertechnik 
und in den Walzwerken erwähnt werden, weil die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eine 
besonders umfangreiche wissenschaftliche Ingenieurtätigkeit erforderte und auch auf 
die Gestaltung der Erzeugeranlagen einen starken Einfluß ausübte. 
Betrachten wir nun die Entwicklung der elektrischen Anlagen als Ganzes, so sehen 
wir die der Gleichstromanlagen um die Jahrhundertwende ziemlich abgeschlossen. 
Von da an wandte sich der ganze Fleiß der Ingenieure den Wechselstromanlagen zu 
und führte zu dem, was wir heute Wechselstrom-Hochspannungstechnik nennen. Von 
Hochspannung kann im ZLahr 1888 überhaupt noch nicht die Rede sein, weil es noch 
keine Wechselstromtechnik gab. NRicht lange vorher war eine Energieübertragung mit 
Gleichstrom von 2000 Volt in der Schweiz in Betrieb gesetzt worden, und 1888 stritt man 
sich noch in der Literatur, ob sie einen Erfolg oder einen Mißerfolg bedeute. Hoch- 
spannungsanlagen im modernen Sinne des Wortes waren eben — trotz der unleugbaren 
Erfolge, die die zähe Energie des Schweizers Thury mit hochgespanntem Gleichstrom 
erzielt hat — nur mit Wechselstrom, insbesondere Drehstrom möglich. Und solche konnten 
sich auch nach der Frankfurter Ausstellung nur langsam entwickeln; der mit jener Uber- 
tragung von 70 PS auf 175 km Entfernung bei 27000 Volt getane Schritt war zu groß 
gewesen. Es mußten erst noch gründliche Forschungen und Fortschritte in der Hoch- 
spannungstechnik gemacht werden. Als besonders wichtig seien die Erfindung des Ol- 
schalters, die Verbesserung der Porzellanisolatoren und die Auffindung von Mitteln 
erwähnt, durch die man die Anlagen vor Uberspannungen, wie sie beim Unter- 
brechen von Stromkreisen und durch atmosphärische Einflüsse entstehen können, zu schützen 
gelernt hat. 
Derartige Neuerungen änderten die Einrichtung der Kraftstationen von Grund aus, 
insbesondere in den Schaltanlagen. Diese entwickelten sich von jenen bescheidenen 
„Schaltbrettern“ des Zahres 1888 aus zu großen Schalthäusern, die das Maschinenhaus 
an Größe oft noch erheblich überragen. Die Generatoren steigerten ihre Größe gewaltig: 
während im Jahre 1888 Maschinen von einigen hundert Kilowatt Leistung für unge- 
wöhnlich groß angesehen und die Generatoren des Frankfurter Elektrizitätswerks mit 
500 Kilowatt Leistung noch im Jahre 1894 allgemein angestaunt wurden, sind heute 
Generatoren für 12 000 und 15 000 Kilowatt in Betrieb, und einer für sogar 25 000 Kilo- 
watt wird gegenwärtig von Brown, Boveri & Cie. in Mannheim gebaut. Draußen, 
1516
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.