118 Istronomie, Astrophysik, Geodäsie. X. Buch.
Oie Einrichtung und die astronomische Leitung aller dieser Stationen, sowie die Berech-
nung und alljährliche Veröffentlichung der Beobachtungsergebnisse gehört zu den Ob-
liegenheiten des Potsdamer Zentralbureaus, und die Kosten der gesamten Einrichtung
werden überwiegend aus dem internationalen Budget bestritten, welches sich aus den
Fahresbeiträgen der sämtlichen beteiligten Kulturstaaten zusammensetzt.
Die Veränderlichkeit der geographischen Breiten, wie sie aus den jetzt schon etwas
mehr als ein Jahrzehnt umfassenden Ergebnissen dieses astronomischen Breitendienstes her-
vorgeht, hat bisher nur Ausblicke auf engbegrenzte periodische Lagenänderungen der
Drehungzeachse der Erde ergeben, aber noch keine merklichen fortschreitenden Bewe-
gungen erkennen lassen. Indessen sind auch einige kleine Schwankungen der geographischen
Breiten von anderer Art, welche nicht durch Veränderungen der Lage der Drehungsachse
erklärt werden können, hervorgetreten, worauf übrigens zuerst unsere japanischen Mit-
arbeiter aufmerksam geworden sind. Zugleich aber haben die noch nicht mit Sicherheit
erklärbaren feinsten Veränderungen der geographischen Breiten, sowie die von dem
ganzen Unternehmen hervorgerufenen tieferen Fragen überhaupt für die theoretische
und messende Behandlung aller Probleme der Erdgestaltung und Erdbewegung neue
Ausblicke eröffnet.
Die Schwerkraftmessungen und die 6.1 Verfolgder Mitteleuropäischen Schwer-
Gezeiten des festen Erdkörpers. kraftemessungen des geodätischen Inftitutes
hat dann das Potsdamer Zentralbureau der
internationalen Erdmessung auch Schwerkraftsmessungen auf allen großen Meeres-
flächen ausgeführt, wobei an Stelle des zur See nicht brauchbaren Pendels eine Ver-
gleichung feinster Messungen des jeweiligen Luftdruckes an dem der Schwerkraft unter-
worfenen Quecksilberbarometer mit der gleichzeitigen Luftdruckmessung am Siedepunkts-
thermometer getreten ist. «
DieseSchwerttaftsmessungendurchHeckeraufdenMeeresflächenhabennahe
UbeteinstimmwigenmitdenindenFeitlänbemgemeifenenWettenunddenbiss
herigen gesichertsten Annahmen über die Erdgestalt und die Massenverteilung ergeben.
In betreff der Massenverteilung über oder unter einem mittleren Verlauf der Erd-
kruste haben die immer eingehender, besonders in gebirgigen Gegenden, erforschten Ab-
weichungen der Schwerkraftsintensität und ebenso der Lotrichtungen von demjenigen
Verlauf, der nach dem augenscheinlichen Sachverhalt erwartet werden durfte, zu gewissen
Theorien geführt, deren gemeinsame Prüfung, auch mit Hilfe der Geologie, eine der wich-
tigsten Aufgaben der internationalen Erdmessung bilden wird.
Eines der neuesten Forschungsgebiete, mit dem sich nun auch vorzugsweise das geo-
dätische Institut beschäftigt, und auf welches auch die oben erwähnten Nebenerscheinungen
im Gebiete der Veränderlichkeit der Breiten hingewiesen haben, besteht in den sogenannten
Gezeiten des festen Erdkörpers durch die Wirkungen des Mondes und der Sonne.
In den letzten Jahren hat man in den unterirdischen Beobachtungsräumen des
Potsdamer Telegraphenberges, auf welchem das geodätische Institut, sowie das astro-
phosische Observatorium und das meteorologisch- magnetische Observatorium domizi-
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