XI. Buch. Die Literatur. 19
sport, Nudern, Rodeln, Bergsteigen usw., in Schutz der Naturdenkmäler, in An-
lagen von Parks, in Landschafts-Erziehungsheimen kund, sondern auch in der Oichtung,
und zwar saugt bier die Natur oft das Menschliche auf, so daß die Personen zu Schemen
werden, die nur in den Nahmen des Horflebens gesetzte Städter sind. Das Gepräge
der Echtheit zeigen Landschaft und Bauernseele in den mit niederländischer Sorgfalt
entworfenen Skizzen Timm Krögers; außer Frenssen sind Enking, Fehrs, Oreesen,
Zlse Frapan, Charlotte Niese für Holstein und Friesland, Georg Engel für Pommern,
Lulu v. Strauß für Niedersachsen zu nennen, die in, gJudas“ mit wunderbarer Schärfe und
Kühle eine der erschütterndsten Bauerntragödien in epischer Form geschaffen hat. Künstler,
auf der Scholle erwachsen, schildern auch am treuesten die mit der Scholle untrennbar ver-
bundenen Menschen. Das verrät sich bei Klara Biebig für die Eifel, bei Schäfer, Bock,
Holzamer für den Westerwald, bei Anna Croissant-Ruft für die Pfalz, für den Schwarz-
wald bei Hesse, Finckh, Hermine Villinger, Auguste Supper, Karrillon, bei Stegemann
und Lienhard für das Elsaß, bei Paul Keller für Schlesien und das Wendenland. In
das Land Tirol versetzen uns mit herrlichen Naturschilderungen Hans v. Hoffensthal
und Greinz, in die Schweizer Berge Zahn, Heer, Frey und Federer u. a., und Öster-
reich in der ganzen Vielgestaltigkeit seiner Hoffnungen und ungelösten #rätsel tritt uns
bei Rudolf Hans Bartsch in einer Darstellung voll Farbenglut und Herzensfrische ent-
gegen; Sonnenschein bergen die Schriften von Wilhelm Fischer-Graz, Emil Ertl,
Einzkey, v. Leitgeb, pspchologischen Nealismus die von Karl Hans Strobl, leidenschaft-
liches Temperament die von Eugenie delle Grazie. Große Historische Bilder aus
Böhmens Vergangenheit entwarf August Sperl, für das Land Steper Enrica v. Handel-
Mazzetti.
Nicarda Huch, Fsolde Kurz Loch näher als diese Vollegenossin steht der großen
und Helene Böhlau. Marie Ebner in reiner tendenzfreier Kunstschöpfung
die Braunschweigerin Ricarda Huchz ihre Lprik ist
aus so tiefen Quellen entsprungen, ihr „Ludolf Ursleu“ und „Aus der Triumphgasse“
sind von so reifer Schönheit und Weisheit, „Garibaldi“ weist so neue Wege, daß man
Wbnliches nur bei unseren Besten findet. „Was ist das Leben des Menschen?“ fragt sie.
„Wie Regentropfen, die vom Himmel auf die Erde fallen, durchmessen wir unsere
Spanne Zeit, vom Winde des Schicksals hinundhergetrieben. Der Wind und das
Schicksal haben ihre unabänderlichen Gesetze, nach denen sie sich bewegen; aber was
weiß der Tropfen davon, den sie vor sich herfegen? Er rauscht mit den andern durch
die Lüfte, bis er im Sande versickern kann. Aber der Himmel sammelt sie alle wieder
an sich und gießt sie wieder aus und sammelt und vergießt wieder und wieder immer
dieselben und doch andere.“ — Mahnt Ricarda an Keller, so schuf ÖOsolde Kurz,
ohne von C. F. Meyer zu wissen, ihre „Florentiner Geschichten“, ihre Lieder und
Gedichte voll edler Plastik, ihre tiefen Klagen („Asphodill-). Diesen beiden edlen
Frauen ist nicht der einzelne oder das einzelne oder sie selbst in ihrer Art
oder gar die Umwelt das Bedeutsame, sondern das Geschehen selbst, in
dem Zeit und Ewicgkeit sich spiegeln. Ruhe und in sich gesättigte Lebensauf-
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