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suchungen auf verwandten Gebieten ermöglichte und so die instrumentellen Unter-
lagen schuf für die drahtlose Telegraphie, soll weiter unten ausgeführt werden.
Wir kehren zu den Röntgenstrahlen zurück. Daß Röntgen-
strahlen mit den Kathodenstrahlen eng verknüpft sind, daß
sie aber dennoch von ihnen grundverschieden sind, erkannte man bald nach Röntgens
Entdeckung. Ab- und Zrrwege zur Erklärung der Röntgenstrahlen wurden eingeschlagen,
aber auch diese führten zu Zielen, die man vorher nicht geahnt hatte. Zm besonderen
glaubte Becquerell, daß die Fluoreszenz eine notwendige Begleiterscheinung, ja viel-
leicht die Ursache für die NRöntgenstrahlen sei. Daher untersuchte er Körper, die sich
durch hohe Fluoreszenz auszeichnen, daraufhin, ob sie auch noch nach der Bestrahlung
mit Röntgenstrahlen auf die photographische Matte wirken. Als er 1896 ein Stück eines
Uransalzes, das vorher bestrahlt worden war, auf eine eingewickelte photographische
Vlatte legte und durch das Papier hindurch auf die Platte wirken ließ, beobachtete er
in der Tat eine photographische Wirkung. Es stellte sich dann heraus, daß dasselbe Uran-
salz die Wirkung zeigt, auch wenn es nicht vorher bestrahlt worden ist, es muß also
selbständig Strahlen aussenden, die den 8Nöntgenstrahlen ähnlich sind.
Becquerellstrahlen.
Das Hauptverdienst in der weiteren Untersuchung der Becquerell-
schen Uranstrahlen, die auch Becquerellstrahlen genannt
wurden, gebührt dem französischen Forscherpaar Curie. Diesem gelang es 1899, aus dem
Erz. aus dem das Uran gewonnen wird, dembesonders in Joachimstal gefundenen Uranpech-
erz, zwei Körper von außerordentlich hohem selbständigen Strahlungsvermögen herzustellen.
Diese beiden Körper sind das Polonium und das Radium, deren Untersuchung seit der
Zahrhundertwende unsere Anschauungen über die Konstitution der Materie wesentlich modi-
fiziert und zu den wichtigsten Aufschlüssen geführt hat. Die Radiumforschung ist heute
international geworden. Wollte man die Namen der Forscher, die auf diesen Gebieten
fruchtbringend tätig gewesen sind, aufzählen, so würden sämtliche Nationen dabei ver-
treten sein. Auch deutsche Forscher haben bei der Untersuchung der Nadiumstrahlung
Großes geleistet. Der scheinbare Widerspruch gegen das Energiegesetz, nach welchem
keine Energie aus Aichts geschaffen werden kann, ist in erster Linie von dem englischen
Phosiker Rutherford beseitigt, der die Quelle für die von den radioaktiven Körpern
ausgesandte Strahlung in dem selbständigen und unablässig erfolgenden Zerfall der
Atome des Nadiums suchte und fand. Die Zerfallsprodukte bestehen zum Teil aus festen
Körpern. Der Zerfall geschieht in der Weise, daß sich unter Aussendung von Strahlen,
die zum Teil korpuskulare Natur haben, der Reihe nach neue Zerfallsprodukte von
mehr oder weniger großer Lebensdauer bilden. Man bezeichnet wohl diese Zerfalls-
produkte mit dem gemeinsamen Namen der „Nadium-Familie". Gerade an der Fixierung
der einzelnen Mitglieder dieser Familie hat die deutsche Forschung lebhaften Anteil ge-
habt. Schon Madame Curie hatte nachgewiesen, daß vom Radium drei verschiedene
Strahlen-Arten, die Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlen von ganz verschie-
denem Charakter ausgehen. Die Alpha-Strahlen sind Strahlen korpuskularer Natur,
Curie. —Radium.
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