X. Buch. Pbrsik. 137
die unter dem Einfluß eines magnetischen Feldes wie ein Strom positiver Elektrizität
abgelenkt werden. Die Beta-Strahlen sind den Kathodenstrahlen wesensgleich; sie werden
wie ein Strom negativ elektrischer Teilchen im magnetischen und elektrischen Felde ab-
gelenkt. Die GSamma-Strahlen verhalten sich wie die Röntgenstrahlen. Sie folgen den
Lockungen eines magnetischen Feldes nicht und zeigen dieselbe durchdringende Kraft wie die
Röntgenstrahlen. Nachdem Ramsay in Gemeinschaft mit Soddy 1903 entdeckt hatte,
daß aus der vom Radium gebildeten Emanation von selbst das Gas Helium entsteht,
erkannte man in den Alpha-Strahlen elektrisch geladene Heliumatome, durch deren
Abspaltung aus den Radiumatomen das Geheimnis des Radiums wenigstens teilweise
entschleiert worden war. Raummangel verbietet, auf Einzelheiten weiter einzugehen.
Die Becquerellschen Beobachtungen der Uranstrahlen hatten zu den eben
stizzierten wichtigen Entdeckungen den Anstoß gegeben. Sie hatten über die Ent-
stehung und die Natur der Röntgenstrahlen keinen Aufschluß gebracht. Bald jedoch
kam man zu der Erkenntnis, daß die Röntgenstrahlen dann entstehen, wenn Kathoden-
strahlen in ihrem Laufe aufgehalten werden. So war in der Lenard-Röhre ein
Platinrohr, in das das Aluminiumfenster eingesetzt war, die Ausgangsstelle der Röntgen-
strahlen. Zn derselben Weise entstehen die Röntgenstrahlen auch in jeder gewöhn--
lichen TCrookesschen Röhre dort, wo die Kathodenstrahlen auf die Glaswand fallen.
Um eine kräftige Entwicklung von Röntgenstrahlen zu erzeugen, brachte man dann im
Zmnern der Röhre ein Metallblech, z. B. ein Platinblech an, auf das die Kathoden---
strahlen konzentriert fallen. Diese Anordnung ist auch noch heute beibehalten. Das
Metallblech wird Antikathode genannt. GEleichzeitig mit der Entstehung der Röntgen-
strahlen tritt eine Umwandlung eines Teiles der Energie der Kathodenstrahlen in Wärme
ein; daher kommt die Antikathode beim Betrieb der Röntgenröhren mit starken elektri-
schen Energien zum GElühen; sie wird in den neuesten Röntgenröhren durch Wasser-
ströme gekühlt. Daß die Kathodenstrahlen eine große Energiemenge mit sich führen,
hatte schon Crookes erkannt; er hatte ein Entladungsrohr konstruiert, in dem die „strah
lende Materie“, das sind die Kathodenstrahlen, ein keines drehbares Flügelrad bewegt.
Braunsche Nöhre. Oie Kathodenstrahlen werden vom magnetischen Felde wie ein
Strom negativer Elektrizität abgelenkt. Daß die Kathoden-
strahlen negative Elektrizität mit sich führen, hatte Lenard auch an den in der freien Luft
sich ausbreitenden Kathodenstrahlen nachgewiesen, die einen in den Gang der Strahlen
gebrachten, isoliert aufgestellten Körper negativ elektrisch machen. Die magnetische Ab-
lenkung hat F. Braun 1898 zur Konstruktion der Braunschen Röhre benutzt;
sie besteht aus einem Kathodenstrahlenrohr, in das ein enges Diaphragma eingesetzt ist,
das nur ein schmales Kathodenstrahlenbündel hindurch läßt. Dieses fällt auf einen im
Innern angebrachten GElimmerschirm, der mit fluoreszierender Masse überzogen ist. Das
Kathodenstrahlenbündel erzeugt auf dem Schirm einen leuchtenden Fluoreszenzfleck. In
einem magnetischen Felde wird das Kathodenstrahlenbündel abgelenkt, und infolge-
bessen ändert der Fleck seinen Platz; die Ablenkung hängt von der Richtung und Stärke
des Magnetfeldes ab. In einem magnetischen Wechselfelde bewegt sich der leuchtende
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