Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
138 — X. Buch. 
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Fleck hin und her, und wenn man den bewegten Fleck in einem rotierenden Spiegel be- 
obachtet, so sieht man eine Kurve, aus der man die Natur des Wechselfeldes erkennen 
kann. Die Braunsche NRöhre ist demnach zur Untersuchung magnetischer Wechselfelder 
und daher auch der sie erzeugenden elektrischen Ströme geeignet. 
Die Natur der Röntgenstrahlen hatte man 
trotz aller darauf verwandten Mühe und 
Sorgfalt nicht zu erkennen vermocht. Bis vor kurzem war der Streit darüber, ob die 
Röntgenstrahlen aus einer Art von elektrischem Strom, ähnlich wie die Kathodenstrahlen, 
bestehen, oder ob sie oszillatorischen Charakter haben; ob ferner die Oszillationen peri- 
odisch sind oder ob sie nur aus ein oder zwei Schwingungszügen bestehen, unentschieden. 
Erst das laufende Jahr hat darüber Klarheit geschaffen. Laue gehörte zu denen, die 
den Röntgenstrahlen oszillatorischen Charakter zusprechen. Er vermutete, daß man ihre 
Schwingungszahl und Wellenlänge nur aus dem Grunde nicht hatte messen können, 
weil die Wellenlänge wesentlich kleiner sei, als die irgendeiner anderen bekannten Strah- 
lenart. Er gab die Anregung, man solle die Röntgenstrahlen auf ein dünnes Plättchen 
einer Substanz leiten, deren Moleküle ganz regelmäßig im Naum angeordnet sind, also 
ein sogenanntes regelmäßiges Naumgitter bilden, da dieses Raumgitter vielleicht Beu- 
gungserscheinungen hervorrufen würde. Friedrich, ein Assistent Laues, führte dann 
diesen Versuch aus und wurde durch vollen Erfolg belohnt. Als er ein Bündel von Rönt- 
genstrahlen auf ein dünnes Plättchen von Zinkblende fallen ließ, entstand auf einer 
hinter der Zinkblende aufgestellten photographischen Platte ein Interferenzbild von 
hervorragender Schönheit. Man kann diese Beobachtung und Entdeckung wohl zu den 
wichtigsten Entdeckungen der letzten Jahre zählen, da sie uns den Weg gezeigt hat, in 
welcher Weise wir das innere atomistische Gefüge eines Körpers untersuchen können. 
Mit Hilfe der Röntgenstrahlen können wir nun gewissermaßen die einzelnen Atome 
getrennt sehen und zählen. Zugleich können wir aus demselben Bilde die Wellenlänge 
der Röntgenstrahlen berechnen. 
Interferenz der Röntgenstrahlen. 
  
Die Untersuchung der Kathodenstrahlen wurde 
durch die Entdeckung der Nadiumstrahlen nicht 
aufgehalten, sondern in mancher Weise befruchtet. Fast gleichzeitig hatten J. J. Thomson 
und Wiechert 1897 nachgewiesen, daß die Kathodenstrahlen aus negativ geladenen 
„elektrischen Atomen“ bestehen, die mit großer Geschwindigkeit geradlinig von der 
Kathode fortgeschleudert werden. Die Geschwindigkeit der Kathodenstrahlen ist später 
oft gemessen worden; sie beträgt etwa ½/10 bis ½ der Lichtgeschwindigkeit. Die ersten, 
die zuverlässige Messungen ausgeführt haben, waren Wiechert und Des Cou- 
dres. Im Jahre 1900 gelang es W. Kaufmann, auch die Geschwindigkeit der vom 
NRadium ausgehenden Beta-Strahlen zu messen und das Verhältnis der elektrischen 
Ladung zu ihrer Masse zu bestimmen. Aus diesen Versuchen schloß Kaufmann, daß 
ein einzelnes Atom einer solchen elektrischen Ladung etwa den 2000. Teil der Masse 
eines Wasserstoffatomes hat. 
Elektrisches Atom (Elektron.) 
  
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