Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. Pbysik. 143 
und von Kurlbaum 1898 am schwarzen Körper für Temperaturen geprüft worden, 
die zwischen der der flüssigen Luft und 2500° C liegen. 
Energieverteilung im Spektrum. Für die Verteilung der Energie im Spektrum 
hat W. Wien 1893 das nach ihm benannte 
Verschiebungsgesetz auf theoretischem Wege aufgestellt: „Die Wellenlänge der maxi- 
malen Strahlungsenergie eines strahlenden Körpers ist seiner absoluten Temperatur 
umgekehrt proportional.“ Dann hat Planck eine vollständige Formel für die Energie- 
verteilung im Spektrum theoretisch hergeleitet. Beide Gesetze sind ebenfalls von Lum- 
mer und Pringsheim experimentell geprüft und bestätigt worden. Abgesehen von der 
theoretischen Wichtigkeit dieser Gesetze und von der Ubereinstimmung, die die theoretisch 
hergeleiteten Gesetze mit den tatsächlichen Versuchsergebnissen zeigen, haben sie eine 
sehr große praktische Bedeutung, indem sie zur Konstruktion von Pyrometern geführt 
haben, mit denen man selbst die höchsten Temperaturen irgendeines Körpers auf opti- 
schem Wege messen kann. Vielfache Anwendung hat das Wannersche Ppyrometer ge- 
funden. Mit Hilfe dieses und ähnlicher auf den Strahlungsgesetzen begründeter Appa- 
rate kann man die Temperatur eines glühenden Körpers aus der Art des Lichts be- 
stimmen, das dieser Körper ausstrahlt. Man braucht z. B. mit einem solchen Pyrometer 
nur in die Elut eines Hochofens aus der Entfernung bineinzusehen und gewisse Ab- 
lesungen vorzunehmen, um die Temperatur zu bestimmen, ohne daß man etwa einen 
Teil des Apparates in die GElut hineinversenkt. Auch die Temperatur der Sonnen- 
oberfläche ist auf strahlungstheoretischem Wege zu etwa 6000° C bestimmt worden. 
Durch die Erkenntnis der Strahlungsgesetze sind uns auch die Wege vorgezeichnet, auf 
denen wir zu einer Erhöhung der Lichtausbeute einer Lichtquelle kommen können. 
  
Kinetische Gastheorie. Die besonders von Boltzmann und Planck eingehend 
behandelten thermodpynamischen Gesetze greifen zurück 
auf die sog. kinetische Gastheorie, deren Begründung auf die Arbeiten von Clausius 
aus der Mitte des vorigen ZJahrhunderts zurückgeführt werden müssen. Nach dieser 
Theorie besteht das Wesen der Wärme eines Gases in einer außerordentlich ra- 
schen Bewegung der einzelnen Gasmolekeln. So bewegen sich z. B. die Luftmolekeln 
bei gewöhnlichem Luftdruck und der Temperatur von 0° C mit einer Geschwindig- 
keit von etwa 500 Metern in der Sekunde. Has ist die Geschwindigkeit einer ab- 
geschossenen Kanonenkugel. Die Bewegungen erfolgen ungeordnet, bierbei stoßen 
die Gasmolekeln oft an andere, prallen voneinander ab, ändern dadurch ihre Nich- 
tung und bewegen sich weiter. Die Strecke, die sie bei dieser Bewegung durch- 
schnittlich geradlinig zurücklegen, beträgt etwa nur ½/10000 mm. Würden sich die Gasmole- 
keln mit derselben Geschwindigkeit alle in derselben Richtung bewegen, so würde dieses 
einen Luftstrom bedeuten, gegen den die Geschwindigkeit eines Orkans mit der Geschwin- 
digkeit von etwa 50 Metern in der Sekunde sehr gering wäre. Die ungeordnete Bewegung 
der Gasmolekeln kommt uns durch ihre Temperatur zum Bewußtsein. Boltzmann und 
Planck haben ihre thermodpynamischen Grundgleichungen auf das Prinzip aufgebaut, 
  
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