X. Buch. Oie Chemie. 175
führte innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts in Deutschland die Entwicklung der ein-
zelnen Zweige der Chemie zur Gründung neuer Zeitschriften. Schon 1877 gaben Wil-
helm Ostwald und van't Hoff den ersten Band der Zeitschrift für phosikalische Themie
heraus, dem bis zur Gegenwart über achtzig Bände gefolgt sind. Die Zeitschrift für anor-
ganische Chemie eröffnete Gerhard Krüß 1892; sie ist ebenfalls auf achtzig Bände an-
gewachsen. Die Zeitschrift für Elektrochemie trat 1894 ins Leben, die Zeitschrift für Kolloid-
chemie 1906. Neben diesen bieten die schon länger bestehenden Zeitschriften Liebigs
Annalen der Chemie, das Journal für praktische Chemie und die Berliner Berichte,
das Organ der Deutschen Chemischen Gesellschaft, hauptsächlich Raum für die Fülle
der Abhandlungen aus dem Gebiete der organischen CThemie, ohne sich indessen Ar-
beiten aus anderen Gebieten chemischer Wissenschaft zu verschließen.
Das Bedürfnis, mit möglichst geringem Zeitverlust Auskunft über jede chemische
Verbindung zu erhalten, hatte schon im Anfang des vorigen Jahrhunderts zur Heraus-
gabe von Handwörterbüchern und Handbüchern der TChemie geführt, die zwar rasch ver-
alteten, aber doch zur Zeit ihrer Herausgabe eine sehr schätzenswerte Literaturquelle
darstellten. Seit 1870 ist das neue Handwörterbuch der Themie im Erscheinen, seit 1901
die von Friedheim begonnene Neuauflage von GEmelin- Krauts Handbuch der an-
organischen Chemie, seit 1905 das Abeggsche Handbuch der anorganischen Themie.
Einen unvergänglichen Dienst leistete Beilstein der organischen Chemie mit seinem bis
jetzt in drei Auflagen erschienenen Handbuch der organischen Chemie. Trotzbem blieb
es schwierig, besonders in der Chemie der Kohlenstoffverbindungen mit ihren willkürlich
gewählten, oder oft sehr verwickelt zusammengesetzten Namen, sich rasch über jede Kohlen-
stoffverbindung unterrichten zu können. A#llgemeinen Beifall fand daher bei den orga-
nischen Chemikern Maz Moritz Richters bereits in dritter Auflage erschienenes großes
Lezxikon der Kohlenstoffverbindungen, zu dem er die Anregung von Adolf Pinner
empfing. Sowohl Liebigs Annalen, als die Berliner Berichte geben seit einigen Zahren
neben Namen- und Sachregister, Formelregister nach dem Muster von M. M. Richters
Lezikon heraus. Seit einigen Jahren ist ein auf derselben Grundlage beruhendes Lezikon
der anorganischen Verbindungen von M. K. Hoffmann im Erscheinen begriffen. Die
Deutsche Chemische Gesellschaft zu Berlin erhielt das Eigentumsrecht von Beilsteins
Handbuch der organischen Chemie und M. M. Richters Lezikon der Kohlenftoff-
verbindungen, so daß die Besorgung nötig werdender Neuauflagen oder Ergänzungen
dieser von den Chemikern des In- und Auslandes benutzten Werke sichergestellt ist.
Oas seit 1861 bestehende Chemische Zentralblatt hat die Deutsche Chemische Gesellschaft
1897 erworben und zu einem mustergültigen Referatenwochenblatt für die Leistungen auf
allen Gebieten der Chemie ausgebildet.
Oie literarischen Hilfsmittel erleichtern die experimentellen wissenschaftlichen che-
mischen Untersuchungen, die hauptsächlich in den chemischen Laboratorien und Znsti-
tuten der Universitäten und technischen Hochschulen ausgeführt werden. Zn allen Schich-
ten des deutschen Volkes hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen, daß in erster Linie
die wissenschaftliche Chemie die Grundbedingung für die Erfolge der chemischen Industrie
ist. In allen chemischen Fabriken Deutschlands sind auf den Hochschulen wissenschaftlich
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