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Klugheit führen lassen, sondern Lehre annehmen. Rach den Worten
unseres Sprichwortes ist es aber der Schade, der uns zur Klugheit führt
Diese Erfahrung beobachtet man nur zu oft bei der Jugend.
Lehrer und Eltern ermahnen anhaltend den Knaben. Doch dieser.
sich wenig an solche Ermahnungen kehrend, fährt fort, seinen Un-
gehorsam zu zeigen. Da sieht nach der Erzieher genötigt, zu Straf-
mitteln zu greifen. Erst jetzt gelangt der Zögling zur Srnich, Nicht
allein die Jugend ist es, welche erst durch Schaden zur Erkenntnis
des Richtigen gebracht werden muß, sondern auch die Erwachsenen
Der Grund, warum sie oft vielfach nicht erkennen wollen, ist hier
wohl weniger die Unüberlegtheit der einfältigen Kinder, sondern
meistens sittliche Schwäche. Durch Leidenschaften aller Art werden
sie förmlich hingerissen, erlangen Schaden an Leib und Seele, wenden
sich meistens erst nach recht traurigen Erfahrungen, die ihnen nicht
erspart bleiben, dem Guten zu; ja, sind aber auch dazu oftmals
nicht mehr imstande und gehen elend unter in böser Gesellschaft, im
Pfuhle des Lasters oder in anderer Weise. ·
Die trefflichsten Belege für die Wahrheit obigen Wortes bietet
das gesellschaftliche Leben alltäglich; auch die Geschichte der Völker
ist reich an Beispielen. Die deutschen Kaiser vor Rudolf von Habsburg
unternahmen mit stattlichen Heeren große Kriegszüge nach Italien,
um dieses Land dem Deutschen Reiche einzuverleiben. Ihre Erfolge
waren nie bedeutend, meist kehrten sit mit Verlusten zurück. Rudolf
von Habsburg folgte dem Beispiel seiner Vorgänger nicht, sondern
durch den Schaber jener Kaiser klug geworden, sprach er: „Ich sehe
wohl die Fußtapfen derer, die glücklich hineinkommen, nicht aber
derer, die wohlbehalten wieder herausge ommen sind“", und nahm
Abstand von den Römerzügen. .
In heutigen Geschäftsleben bewahrheitet sich unser Wort leider
nur allzuoft. Der Kampf ums Dasein, den vielfach Konkurrenz-
firmen zum eignen Schaden miteinander führen, verleitet oft diesen
oder jenen Geschäftsmann, rechnend auf allerlei Glücksumstände, die
Preise der Ware oder Arbeit bedeutend herunterzusetzen. Kaum hat
er jedoch die Hälfte seiner Verpflichtungen erfüllt, so sieht er seinen
Fesler ein und arbeitet nun zum eignen Nachteile seines guten
Geschäftsrufes oder erträgt finanzielle Verluste. Eine spätere
Beteiligung wird ihn wohl besser rechnen lassen.
Die große Freigebigkeit und Freundlichkeit in Geldangelegenheiten
haben ebenfalls manchen gutmütigen, auch wohl etwas unvorsichtigen
Menschen die Wahrheit unseres Sprichwortes gelehrt, selbst eine
übereilte Unterschrift ist schon manchen redlichen Mannes Unglück
geworden.
Es gibt darum vor jeder Handlung reiflich zu überlegen: denn
Vorsicht ist die Mutter der Weisbeit!
155. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.
Gedankengang:
I. Einleitung: Mancherlei Gefahren.
II. Ausführung:
1. Erklärung des Begriffes Gefahr.