Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

402 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 108. 
von Justiz und Verwaltung. Aus diesem Grunde empfiehlt 
es sich die Organe der Verwaltung und der Justiz einer gesonderten 
Betrachtung zu unterwerfen. Organe der Verwaltung sind die 
Staatsverwaltungsbehörden und die Kommunalverbände, Organe 
der Justiz die Gerichte. 
III. Die Organe der Verwaltung. 
1. Die Zentralbehörden'!, 
8 108. 
An der Spitze der Staatsverwaltung stehen fast in allen 
Staaten Ministerien?. In den größeren Ländern existiert eine 
Reihe selbständiger, einander nebengeordneter Ministerien, welche 
ihre Einheit in einem kollegialischen Staatsministerium (Gesamt- 
ministerium, Ministerrat) finden®®. In den kleineren Staaten gibt 
es dagegen in der Regel nur ein Ministerium mit einem leitenden 
Minister an der Spitze, das in verschiedene Abteilungen zerfällt. 
Die Chefs derselben sind, wenn sie auch einzelne Geschäfte selb- 
ständig erledigen dürfen, dem leitenden Staatsminister untergeordnet. 
Die Organisation der Ministerien oder Ministerialdepartements ist 
rein monokratisch (bureaumäßig). Nach den Hauptzweigen der 
! Brie, Art. Minister, Ministerium im WStVR 2 877 ff.. Art. Staatsrat 
das. 8 498 ff.; E. v. Meier, Enzykl. (6. Aufl.) 2 685, 686; Schoen das. (7. Aufl.) 
230 fi. 
* Nur in einzelnen kleinen Staaten, wie Schaumburg-Lippe und Reuß 
&. L., besteht noch kein Ministerialsystem, sondern eine kollegialische Landes- 
verwaltungsbehörde, die jedoch in Schaumburg-Lippe jetzt die Bezeichnung 
Ministerium führt (V. vom 13. Oktober 1898). In Waldeck liegt die obere 
Leitung der Verwaltung in den Händen des von Preußen bestellten Landes- 
irektors. 
® Hintze, Die Entstehung der modernen Staatsministerien, histor. 
Zeitschr. 100 53 ff.; derselbe, Das preußische Staatsministerium im neunzehnten 
Jahrhundert, Beiträge zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 
1908 S. 403 ff.; Brie in WStVR 2 882 ft. 
a Die Staats- oder Gesamtministerien sind Kollegien, besitzen aber — 
abweichend von den Geheimen Räten und Landeskollegien der älteren 
deutschen Behördenverfassung — grundsätzlich keine beschließende, sondern 
nur eine beratende Zuständigkeit. Beschließende Zuständigkeit kommt ihnen 
nur zu, soweit sie ihnen hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten durch be- 
sondere Vorschrift ausdrücklich übertragen ist. Im übrigen und im all- 
gemeinen fehlt ihren „Beschlüssen“, die nichts anderes sind als Meinungs- 
äußerungen der Mehrheit des Kollegiums, die verbindliche Kraft, insbesondere 
für die einzelnen Minister, in deren Ermessen es steht, inwieweit sie in An- 
gelegenheiten ihres Ressorts auf die Meinung der Mehrheit Rücksicht nehmen 
wollen. Dies gilt ganz besonders für Preußen. Richtig Zorn, Die staats- 
rechtliche Stellung des preußischen Gesamtministeriums (1892), v. Roenne- 
Zorm, Preußisches Staatsr. 1 251, Brie a. a. O. 883, Schoen in der Enzykl. 
(7. Aufl.) 4 230. (Weitere Literatur über die Frage s. bei Brie a. a. O. 889: 
beachtenswert insbesondere Gneist im VerwArch 8433 ff.). Vgl. noch Walz. 
Die rechtliche Stellung des Staatsministeriums im Großherzogtum Baden, 
T,aband-Festschrift von 1908 S. 285 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.