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In Nordpolen stehen unsere Truppen in enger Fühlung mit den
Russen, die in einer stark befestigten Stellung östlich der Miazza Halt
gemacht haben. Um Lowicz wird weiter gekämpft.
In Südpolen haben österreichisch-ungarische und unsere Truppen
Schulter an Schulter erneut erfolgreich angegriffen.
(W.T.B.) Oberste Heeresleitung.
Behandlung deutscher Gefangener in Belgien.
Ein belgischer Ministerialerlaß.
Bei einem gefangenen belgischen Soldaten ist ein Ministerialerlaß
gefunden worden, der bis in die untersten Kommandostellen verbreitet
worden ist und die Auffassung der belgischen Behörden von ihren
Pflichten in einem recht eigentümlichen Lichte zeigt. Das Schrüftstück
lautet in wortgetreuer deutscher Uebersetzung:
Gruppe 2, Posten 1, 2, 3.
Dienstvorschrift für die Gruppenführer.
Deutsche Gefangene betreffend. Unter dem Datum des 22. August
telegraphiert der Minister folgendes: Ich höre, daß in gewissen Ge-
genden deutsche Gefangene mit wahrhaft übertriebener Rücksicht be-
handelt werden. In dem Augenblicke, da das deutsche Heer, so oft es
auf unseren oder unserer Verbündeten Boden vordringt, sich syste-
matisch den schmachvollsten Niedrigkeiten nicht nur unseren Soldaten
gegenüber, nein, auch Kegen Kinder, Frauen, Greise überläßt, wäre es
durchaus Verrat am Nationalbewußtsein, den Gefangenen — welches
immer ihr Dienstgrad sei — mehr als sie unbedingt zum Leben nötig
haben, zu geben. Ich werde unverzögert gegen die Truppenbefehls-
haber vorgehen, die sich der Duldung solcher Verirrungen schuldig
machen: wir sind eine zivilisierte Nation; wir schlagen die Verwunde-
ten und Gefangenen nicht tot, wie es die Deutschen tunz diese aber
müssen an jedwedem Platz des Landes als Feinde behandelt werden.
Der stellvertretende Chef der Sektion A bringt den Wortlaut
obigen Zirkulars zur Kenntnis der Gruppenführer und fordert sie auf,
ihren Postenführern Befehl zu geben, sich danach zu richten.
Station Mô6zy, den 25. August 1914.
Für denstellvertretenden Chef:
Der beigeordnete Adjutant:
gez. Belverg.
Hier wird den unteren Kommandostellen eine möglichst schlechte
Behandlung deutscher Gefangener zur patriotischen Pflicht gemacht.
Wenn solche Anweisungen von Amts wegen an die Truppen gegeben
wurden, braucht man sich freilich nicht zu wundern, daß die belgische
Zivilbevölkerung aus dem Hinterhalt über die deutschen Soldaten her-
fiel. Ein guter Teil der Verantwortung für diese Vorfälle trifft die
belgische Regierung.
Präsident Wilson über Amerikas Aufgaben im Weltkrieg.
Kristiania, 9. Dezember.
Der Korrespondent der Londoner „Central News“ in Walhington
telegraphiert: Präsident Wilson hielt gestern im Kongreß eine poli-