Full text: der Weltkrieg 1914. Band 2. (1)

Der Umschwung in Polen und Galizien. 
Wien, 12. Oktober, mittags. Amtlich wird mitgeteilt: 
Unsere Offensive hat unter vielfachen, für unsere Truppen durchweg 
siegreichen Kämpfen den San erreicht. Der Entsatz der Festung Przemysl 
ist vollzogen. Nördlich und südlich der Festung werden die Reste der 
feindlichen Einschließungsarmee angegriffen. Jaroslau und Lezajsk sind 
in unserem Besitgz. Von Sieniawa geht ein starker Feind zurück. Oestlich 
Chryrow schreitet unser Angriff gleichfalls fort. In Russisch-Polen 
wurden alle Versuche starker russischer Streitkräfte, die Weichsel aus und 
südlich von Iwangorod zu überschreiten, abgeschlagen. 
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. 
v. Hoefer, Generalmajor. 
(Tägl. Rundsch., 13. Okt.) 
Seit wann besteht die franzöfisch-englische Militär-Konvention? 
Von diplomatischer Seite wird dem Deutschen Courier vom 12. Okt. 
geschrieben: Die englischen Staatsmänner hatten sich noch kurz vor Aus- 
bruch des Krieges gegen die Behauptung wehren zu müssen geglaubt, daß 
zwischen England und Frankreich irgendwelche bindende Vereinbarungen 
hinsichtlich einer militärischen Intervention auf dem Kontinent bestän- 
den. Heute weiß alle Welt, daß die Herren Grey und Agquith, Churchill 
und Lloyd George nicht nur das Ausland, sondern das eigene Volk in 
unerhörter Weise betrogen haben. Tatsächlich besteht die englisch-franzö- 
sische Militär-Konvention seit der Zeit, da Pichon Minister des Auswär- 
tigen in Frankreich war. 
Die ersten Mitteilungen über das Bestehen einer zwischen Frankreich 
und England geschlossenen Vereinbarung hinsichtlich der Kooperation der 
beiden Mächte zu Wasser und zu Lande im Falle eines deutsch-franzö- 
sischen Krieges wurden bekannt gelegentlich einer Rede, die Pichon in der 
Deputiertenkammer bei einer Debatte über die auswärtige Politik hielt. 
Pichon verteidigte sich damals gegen die Angriffe, die Bündnispolitik ver- 
nachlässigt zu haben, und in der Erregung entschlüpfte ihm das Geständ- 
nis, daß zwischen der französischen und der englischen Regierung für den 
Kriegsfall Verein barungen beständen, über die er jetzt zwar nicht sprechen 
dürfe, die aber zu gegebener Stunde sich für Frankreich nützlich erweisen 
würden. Diese Erklärungen des französischen Ministers erregten damals 
in der gesamten politischen Welt das größte Aufsehen, und wenn Pichon 
auch in einer weiteren Darlegung den Eindruck seiner Mitteilungen ab- 
zuschwächen suchte, so war doch aller Welt klar, daß hier mehr gesagt 
worden war, als den Beteiligten, im besonderen den Engländern, lieb 
sein konnte. Von englischer Seite erfolgte denn auch kurze Zeit darauf 
eine „Richtigstellung“, da die Regierung durch das Geständnis, hinter dem 
Rücken des Parlaments eine Vereinbarung getroffen zu haben, die Eng- 
land zu gegebener Stunde Verpflichtungen von ungeheurer Tragweite 
auferlegen mußte, stark kompromittiert war. Staatssekretär Grey trat 
deshalb mit entschiedenen Worten der „irrigen“ Auslegung der Worte 
des französischen Ministers entgegen und leugnete rund heraus das Be- 
stehen irgendwelcher England in so weitgehender Weise verpflichtenden 
Vertragsbestimmungen.
	        
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