Hetzreden gegen Deutschland, so spielte Großfürst Nikolaus, als er
auf einem französischen Dampfer einen Trinkspruch ausbrachte, un—
verhüllt auf einen baldigen russisch-französischen Krieg gegen Deutsch-
land an. Richt dem Buchstaben nach, aber tatsächlich war die russisch-
französische Allianz bereits geschlossen. Rußland konzentrierte infolge
der Vorgänge kn Bulgarien große Truppenmassen an der österreichi-
schen und preußischen Grenze. Weiter erließ der Zar einen gegen
Deutschland gerichteten Ukas, durch den allen Fremden, d. h. Deut-
schen, verboten wurde, in Rußland Grundbesitz zu erwerben, Fürst
Bismarck antwortete mit der zweifellos recht verhängnisvollen Maß-
nahme, daß er der Reichsbank die Beleihung russischer Papiere ver-
bot, womit er Rußland den deutschen Geldmarkt verschloß und es in
die Arme Frankreischs trieb. Die Atmosphäre war so mit Span-
nung geladen, daß die Gewehre eigentlich seden Augenblick losgehen
konnten.
Und diese Situation war eingetreten, obwohl Bismarck nach dem
endgültigen Scheitern des seit 1881 bestehenden Dreikakserbündnisses
im Juni 1887 den nachmals so berühmt gewordenen Rückversiche-
rungsvertrag mit dem Zaren geschlossen hatte! Nie und nimmer
hätte dessen Borhandensein an sich einen Krieg zwischen Rußland
und Deutschland verhindert oder, wäre im damaligen Augenblick ein
Krieg mit Frankreich ausgebrochen, uns die russische Meutralität ge-
sichert. Es steht für mich außer Zweifel, daß der Bertrag in vielen
Beziehungen überschätzt worden ist, und daß er nicht mehr als eine
Aushilfe im verwickelten Spiel des großen Kanzlers mit den fünf
Kugeln bedeutet hat.
Der Zar war damals auch persönlich in hohem Maße gegen
Deutschland, von dem er sich hinters Licht geführt glaubte, gereizt
und verärgert. Die Ursache waren die sogenannten Bulgarischen
Fälschungen. Als Nachfolger des im September 1886 endgültig
abgedankten Prinzen Alexander von Battenberg hatten die Bulgaren
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