Anhang (zu Kapitel 5). Schiffahrtswesen. 407
legung, so fällt die von einer Seite (Peters a. a. O.) vertretene
Ansicht, daß bei regulierten Wasserstraßen z. B. beim Rhein Abgaben
zulässig seien, bei denen die Kosten und Unterhaltung zu berechnen
wären (Vgl. Arndt im Recht XlI. Jahrgang Nr. 9 vom 10. Mai 1907
S. 542). Es bleibt die Erhebung von Abgaben auf natürlichen
Wasserstraßen reichsrechtlich überhaupt nur insofern zulässig, als bei
deren Befahrung zugleich die Benutzung besonderer Anstalten
zur Erleichterung des Verkehrs erfolgt, während die Erhebung von
Abgaben auf künstlich en Wasserstraßen schon für deren bloße Be-
fahrung, also auch ohne Benutzung besonderer Anlagen jener Art
statthaft ist (Reincke, Verf. S. 259). Es fragt sich hiernach, was die
Benutzung von derartigen Anstalten zur Doraussetung= hat. Auch
hierüber sind die Ansichten geteilt (ogl. Arndt im Recht XI. Jahrgang
Nr. 9 S. 542 f.). Als Absicht der Reichsgesetzgebung dürfte anzu-
nehmen sein, daß nur in ihrer Wirksamkeit dauernde Einrichtungen,
die vom Staate unter Aufwendung besonderer Kosten im Interesse
des Schiffahrtverkehrs über den natürlichen Zustand der Wasserstraßen
getroffen sind oder werden, den Schiffahrttreibenden nicht ohne ein
billiges Benutzungsentgelt überlassen zu werden brauchen.!) Für
den Verteilungsmaßstab dürften auch hier die Grundsätze des
Abs. 3 maßgebend sein. Vorstehende Vorschriften gelten für die
Flößerei nur insoweit, als ihr Betrieb auf von Natur schiffbaren
Wasserstraßen stattfindet. Die Erhebung von Abgaben für den
1) Eine besondere Stellung nimmt der Nord-Ostsee= oder Kaiser Wilhelm-Kanal
ein (von der Elbmündung nach der Kieler Bucht führend). Derselbe ist auf Grund
des RE. vom 16. März 1886 (RGBl. S. 58) hergestellt, in erster Linie um den
Zwecken der Kaiserlichen Marine zu dienen, sodann aber auch (§ 3 des Ges.) für
die Zwecke des allgemeinen Verkehrs als öffentliche Straße. „Für die Unter-
haltung uud den Betrieb“ des Kanals ist durch Allerh. Erlaß vom 15. Juni 1895
(REBl. S. 349) „eine dem Reichsamte des Innern unmittelbar nachgeordnete
Reichsbehörde unter der Bezeichnung Kaiserliches Kanalamt“ mit dem Sitze in
Kiel“ errichtet worden. Auf Grund des erwähnten Erlasses ist das Kanalamt
zuständig, für den Betrieb auf dem Kanal die erforderlichen Bestimmungen, soweit
diese zum Gebiete der Verwaltung gehören, zu erlassen. Eine derartige Betriebs-
ordnung ist von dieser Behörde unter dem 28. August 1906 erlassen. Dieselbe enthält
die erforderlichen Vorschriften über die Zulassung zur Fahrt durch den Kanal, die
Anmeldung, das Verhalten im Kanal und nimmt hinsichtlich der zu zahlenden
Abgaben und Gebühren Bezug auf einen angehängten Tarif, welcher auf dem
Allerh. Erl. vom 4. August 1896 (RGBl. S. 681) beruht. Anläßlich der vom
Kanalamt erlassenen Betriebsordnung ist es streitig geworden, ob eine in dieser
enthaltene Bestimmung, wonach niemand, der den Kanal benutze, gegen den Fiskus
Schadenersatzansprüche erheben dürfe, rechtsgültig und zulässig ist. Das Reichs-
gericht hat in dem Urteil vom 6. November 1899 (Entsch. i. Zivils. Bd. 45
S. 162) die Frage verneint, da durch eine im Verwaltungswege erlassene An-
ordnung nicht in das Gebiet der Gesetzgebung hinübergegriffen werden könne.
Es konnten daher auf diesem Wege seitens des Kanals nicht allgemeine Bestimmungen
getroffen werden, welche die rechtlichen Beziehungen des Fiskus zu dritten Per-
sonen in anderer Weise regeln, als wie dies durch das geltende Recht bereits geschehen
sei, indem insoweit der Vertragsfreiheit Schranken gesetzt seien. Auch der Aus-
schluß der Haftung der Kanalverwaltung durch einen von dem Benuutzer des
Kanals zu unterschreibenden Revers des Inhalts, daß er sich bezüglich der hier
streitigen Frage den Bestimmungen der Betriebsordnung unterwerfe, ist neuestens
vom NWG. Entsch. i. Zivils. Bd. 62 S. 266 für unzulässig erklärt worden.