über Europa hereingebrochen. Die Verantwortung hierfür fällt den Trägern dieser
Politik zu; wir lehnen sie ab. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Die Sozial-
demokratie hat diese verhängnisvolle Entwicklung mit allen Kräften bekämpft, und
noch bis in die letzten Stunden hinein hat sie durch machtvolle Kundgebungen in
allen Ländern, namentlich in innigem Einvernehmen mit den französischen Brüdern,
für die Aufrechterhaltung des Friedens gewirkt. (Erneuter lebhafter Zeifall bei den
Sozialdemokraten.) Ihre Anstrengungen sind vergeblich gewesen. Jetzt stehen wir
vor der ehernen Tatsache des Krieges. Ans drohen die Schrecknisse feindlicher
Invasionen. Nicht für oder gegen den Krieg haben wir heute zu entscheiden, sondern
über die Frage der für die Verteidigung erforderlichen Mittel. (Lebhafte Zuskimmung
bei den bürgerlichen Harteien.) Nur haben wir zu denken an die Millionen VBolks-
genossen, die ohne ihre Schuld in dieses Berhängnis hineingerissen sind. Sie werden
von den Verheerungen des Krieges am schwersten getroffen. Unsere heißen Wünsche
begleiten unsere zu den Fahnen gerufenen Brüder ohne Unterschied der Dartei. (Leb-
hastes allseitiges Zravo und Händeklatschen.) Wir denken auch an die Mütter, die
ihre Söhne hergeben müssen, an die Frauen und die Kinder, die ihres Ernährers
beraubt sind und denen zu der Angst um ihre Lieben die Schrecken des Hungers
drohen. Zu diesen werden sich bald Zehntausende Berwundeter und verstümmekiter
Kämpfer gesellen. Ihnen allen beizustehen, ihr Schicksal zu erleichtern, diese un-
ermeßliche Not zu lindern, erachten wir als eine zwingende Pflicht. (Lebhafte Zustimmung
bei den Sozialdemokraten.)
Für unser Volk und seine freiheitliche Zukunft steht bei einem Sieg des russischen
Despotismus, der sich mit dem Blute der Besten des eigenen Volkes befleckt hat,
viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Es gilt, diese Gefahr abzuwehren, die Kultur
und die Unabhängigkeit unseres eigenen Landes sicherzustellen. Da machen wir
wahr, was wir immer betont haben: Wir lassen in der Stunde der Gefahr das
eigene Baterland nicht im Stich. (Lebhaftes Bravo.) Wir fühlen uns dabei im
Einklang mit der Internationale, die das ZRecht jeden Volkes auf nationale Selb-
ständigkeit und Selbstverteidigung jederzeit anerkannt hat, wie wir auch in Leber-
einstimmung mit ihr jeden Eroberungskrieg verurteilen. Wir fordern, daß dem
Kriege, sobald das Ziel der Sicherung erreicht ist und die Gegner zum Frieden
geneigt sind, ein Ende gemacht wird durch einen Frieden, der die Freundschaft mit
den Nachbarvölkern ermöglicht. Wir fordern dies nicht nur im Interesse der von
uns flets verfochtenen internationalen Solidarität, sondern auch im Interesse des
deutschen Bolkes. Wir hoffen, daß die grausame Schule der Kriegsleiden in neuen
Millionen den Abscheu vor dem Kriege wecken und sie für das Ideal des Sozialismus
und des Völkerfriedens gewinnen wird. Zon diesen Grundsähen geleitet, bewilligen
wir die geforderten Kriegskredite. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Nach Erledigung der Tagesordnung sagte Prästdent Dr. Kaempf: Meine Herren,
wir haben mit der Schnelligkeit, die der Ernst der Lage erfordert (das ganze Haus
erhebt sich), die Gesetzentwürfe bewilligt, die dazu bestimmt sind, für den Krieg und
für das wirtschaftliche Leben während des Krieges die notwendige Sicherheit zu