Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

— 469 — 
Reich die hergebrachten Schablonen nicht ausreichen, so lässt sich 
vom logischen Standpunkte allerdings nichts einwenden gegen die 
Auffassung des Reiches als einer Dyarchie, wie sie etwa an der römi- 
schen Epoche der Doppelherrschaft von Princeps und Senat eine ent- 
fernte Analogie hat. Dem Politiker, der in erster Linie die Facten 
und nicht das Recht vor Augen hat, wird die monarchische Natur 
des Kaiserthums unzweifelhaft erscheinen, er wird vielleicht sogar 
zur Ueberzeugung Treıtschke’s gelangen, dass die deutschen Fürsten 
unter dem Kaiser wieder zum hohen Adei deutscher Nation geworden 
seien. Allein gerade der historischen Entwicklung des Kaiserthums 
entspricht es, dasselbe nur als ein reichsverfassungsmässiges Recht der 
Krone Preussen aufzufassen. Unwiderlegt ist der Satz LasBann’s, dass 
das Kaiserthum ganz und vollkommen identisch ist mit dem Bundes- 
präsidium des norddeutschen Bundes, dass es abgesehen von dem 
Titel und den demselben entsprechenden Insignien keine Rechte ent- 
hält, als die Präsidialrechte. Ja, ScuuLze selbst erklärt (S. 36), dass 
„eine neue staatsrechtliche Institution durch die Annahme der Kaiser- 
würde nicht geschaffen ist“, sowie er auch selbstverständlich das Recht 
auf das Kaiserthum als ein verfassungsmässiges Vorrecht Preussens 
auffasst (S. 13). Damit wird man aber zu dem Schlusse gedrängt, 
dass das Kaiserthum mit seinen unmittelbar aus der Reichsverfassung 
fliessenden Rechten juristisch ein Accessorium der preussischen Krone 
sei, dass alle monarchischen Momente, welche uns aus ihm entgegen- 
treten, daher kommen, dass es der Herrscher des grössten deutschen 
Gliedstaates ist, der „das Präsidium des Bundes“ führt. 
In der Lehre vom Bundesrath gelangt Schusze auf Grund 
seiner Anschauungen von der rechtlichen Natur des Kaiserthums 
natürlich zu der Ansicht, dass derselbe nicht ausschliesslicher, sondern 
Mitträger der Souveränetät ist, dass daher „nur im organischen Zu- 
sammenwirken von Kaiser und Bundesrath“ sich die volle Reichs- 
gewalt darstellt. 
Die Darlegung der einzelnen Rechtsinstitute in dem Abschnitte 
über die Functionen des Reiches ist knapper gehalten, als in des 
Verfassers preussischem und Landesstaatsrechte, zumal in diesen 
Werken, wie schon erwähnt, viele allgemeine in das Reichsrecht hin- 
übergreifende Fragen bereits eingehend erörtert sind (z. B. über Ge- 
setzgebung, Gerichtsbarkeit, Budgetrecht). Im Einklange mit der 
herrschenden — in neuerer Zeit von FRickER bezweifelten — Lehre 
erkennt er dem Bundesrathe das Recht der Sanction zu und acceptirt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.