Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

494 Stalien. (März 1.—17.) 
mengen schon angekauft und zur Einschiffung bereit sind. Andere Getreide- 
mengen sind zu den Abgangshafen unterwegs und für noch weitere wird 
verhandelt. Derjenige Teil der Abmachung von London, der sich auf die 
Lebensmittelversorgung bezieht, entwickelt sich regelmäßig. Die Regierenden 
dürfen jedoch bei einer Sache von solcher Bedeutung nicht einen Augen- 
blick die Verantwortung vergessen, die auf ihnen lastet. Unsere Verant- 
wortung ist, wie Sie verstehen werden, eine ewige, tägliche Angst und zu 
allen Stunden verfolgen wir mit zitterndem Herzen diese Dampfer, die 
uns Leben bringen, durch ein Meer voller Hinterhalte. Unser Herz hüpit 
vor Freude, wenn die Nachricht kommt, daß eines von ihnen heil und 
ganz angekommen ist. Diese Freude dauert jedoch nur einen Augenblick, 
denn wir fallen sofort wieder in Angst zurück wegen der anderen, die noch 
unterwegs sind. Diese Abwechslung von Freud und Leid läßt uns keine 
Ruhe. Obschon wir volles Vertrauen haben zu den tapferen Leuten, die 
die Schiffe führen, müßte ich, wenn mich die Kammer fragen würde, 
ob ich volle Sicherheit für die ununterbrochene Versorgung mit Getreide 
hätte, antworten: „Nein!“ Für uns ist Krieg, und jede Nachricht von Ver- 
senkung auch in fremden Meeren drückt uns schmerzlich aufs Herz. 
Am 14. erstattet Verkehrsminister Arlotta einen ausführlichen Be- 
richt über die Transporkkrise. 
Am 16. März gibt Minister des Aeußern Sonnino folgende Er- 
klärung ab: Um sogleich der Erwartung der Kammer zu entsprechen, deren 
Aufmerksamkeit in diesem Augenblick besonders auf die großen Ereignisse 
in Rußland gerichtet sein muß, beeile ich mich zu erklären, daß nach den 
aus allen Quellen bisher eingelaufenen Nachrichten die ganze Bewegung, 
die sich in den letzten Tagen in Petersburg und Moskau entwickelt hat, 
im Hinblick auf den Krieg nicht auf ein Nachlassen, sondern auf eine immer 
stärkere Fortsetzung der militärischen Operationen gerichtet ist. Die Regierung 
hat gestern durch die Presse die bisher gemeldeten Einzelheiten mitgeteilt. 
Ich kann dem heute nichts hinzufügen, noch könnte ich auf irgendeine 
Frage über diesen Gegenstand antworten. Wir können und dürfen uns nicht 
unter irgendwelcher Form in die Fragen einmischen, die sich auf die innere 
Verfassung des verbündeten Reiches beziehen, noch in die Streitigkeiten 
seiner nationalen Parteien. Ich bitte die Kammer, gerade im Interesse 
der großen Ziele, die ihr besonders am Herzen liegen, sich jeder mittelbaren 
oder unmittelbaren Kundgebung sorgfältig zu enthalten, die sich nicht in 
dem einfachen und heißen Wunsche zusammenfassen läßt, daß das große 
verbündete Reich, dem heute eine so große Mission für den Triumph der 
Gerechtigkeit und der Zivilisation der Welt zufällt, bald seinen völligen 
inneren Frieden wiederfinde in der einmütigen Absicht, mit allen nationalen 
Kräften den gemeinsamen Feind an der Grenze zu schlagen. 
Die Ereignisse folgen sich schnell in diesen Kriegszeiten. Der hinter- 
listige, von Deutschland und seinen Verbündeten im vergangenen Dezember 
gemachte Friedensvorschlag ist Gegenstand der Prüfung der Kammer 
während ihrer letzten Sitzungsperiode gewesen. Dann kam die Note Wilsons 
vom 18. Dezember, die, sicherlich erfüllt von einem hohen Gefühl der 
Menschenliebe, jede der beiden kriegführenden Gruppen aufforderte, die 
Bedingungen zu formulieren, unter denen sie Frieden geschlossen hätlen. 
Die Mittelmächte antworteten sofort auf die amerikanische Mitteilung, ohne 
indessen eine Bedingung zu nennen, und indem sie nur auf ihrem ersten 
Vorschlag einer Zusammenkunft der Kriegführenden bestanden, auf der man 
darüber beraten sollte. Die alliierten Regierungen brachten am 30. Dezember 
durch Vermittelung der interessierten neutralen Regierungen ihre gemeinsame 
Antwort auf den Vorschlag der Mittelmächte vom 12. Dezember zur Kenntnis,
	        
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