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dadurch interessant, dass er manche teils in früheren völker-
rechtlichen Verträgen niedergelegten, teils auch ohne solche aus-
drückliche Stipulation in der internationalrechtlichen Praxis und
Wissenschaft anerkannten Rechtsgedanken auf einfachere als die
bisher üblichen Formeln bringt, und dass er manchen von dem
diplomatischen Herkommen lange mitgeführten Ballast als über-
flüssig über Bord wirft; andererseits finden sich einzelne, sonst oft
vernachlässigte oder übergangene Punkte schärfer hervorgehoben.
Eine Erläuterung der einzelnen Bestimmungen, namentlich
derjenigen, welche nach der negativen oder positiven Seite hin
im angedeuteten Sinne Neues bringen, dürfte daher nicht ohne
Interesse sein.
Bemerkenswert ist zunächst, dass das räumliche Gel-
tungsgebiet des Vertrages ausdrücklich umschrieben wird,
indem „die Schutzgebiete des Deutschen Reichs“, sowie „die
Kolonien und auswärtigen Besitzungen der Niederlande“ davon
ausgeschlossen werden (Art. 14).
Art. 1 Abs. 1 verpflichtet jeden Staat, den Angehörigen des
Gegenkontrahenten zu gestatten ?, sich in seinem Gebiete „ständig
Abgedruckt bei Docaow, Internationale Verwaltungsverträge, zum Gebrauch
in Öffentlich-rechtlichen Vorlesungen und Konversatorien zusammengestellt,
Heidelberg 1908 (als Manuskript gedruckt), S.24 ff. Vgl. v. Liszt, Das Völker-
recht, systematisch dargestellt, 5. Aufl. Berlin 1907, S. 200. — Der Vertrag
trat drei Monate nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft (Art. 15
Abs. 2); dieser Austausch fand am 26. Oktober 1906 statt, vgl. Bekannt-
machung des Reichskanzlers vom 6. Dezember 1906, betr. die Ratifikation
des Niederlassungsvertrags zwischen dem Deutschen Reiche und den Nieder-
landen vom 17. Dezember 1904 und den Austausch der Ratifikationsurkun-
den sowie eine zur Ausführung des Vertrags am 29. Oktober zwischen
beiden Teilen getroffeue Verständigung, Reichsgesetzblatt 1906, S. 887. Der
Vertrag ist zunächst auf 3 Jahre abgeschlossen; einjährige — nach zwei-
jähriger Geltung erstmals zulässige — Kündigung, in deren Ermangelung
der Vertrag als stillschweigend verlängert gilt. (Art. 15 Abs. 3).
3 Es bedarf kaum der Erwähnung, dass — nach der heute fast allge-
mein anerkannten Lehre — die gewährleisteten individuellen Befugnisse
nicht etwa unmittelbar aus dem völkerrechtlichen Vertrage, sondern nur
mittelbar aus dem (als völkerrechtsgemäss gedachten) Staatsrechte des Auf-