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schweizerischen Vertrages fast wörtlich überein °; hier gilt
allerdings das Prinzip der formellen Gleichbehandlung.
Die Niederlassungsfreiheit® wird nun zunächst, wie in dem
deutsch-schweizerischen Vertrage, von einer materiellen und einer
formellen positiven Voraussetzung abhängig gemacht. Materiell
wird verlangt, dass die in dem Gebiete des einen Staates befind-
lichen Angehörigen des anderen „die dortigen Gesetze und Poli-
zeiverordnungen befolgen“ (Art. 1 Abs. 1). In formeller Hinsicht
schreibt Art. 1 Abs. 2 für die gegenseitigen Angehörigen den
Besitz von „gültigen Pässen oder anderen genügenden Aus-
weispapieren über ihre Person und ihre Staatsangehörigkeit“ ? vor,
während der d.-schw. Vertrag dem System der gesandtschaft-
lichen Zeugnisse (Immatrikulationsscheine) huldigt ’*; das Erfor-
dernis eines Leumundszeugnisses ist fortgeblieben, gleichfalls
im Gegensatz zu Art.2 des deutsch-schweizerischen Vertrages.
Die Nichterfüllung der Legitimationsvorschriften erzeugt, wie
klar zum Ausdruck gebracht ist, lediglich ein Ausweisungs- bzw.
Abweisungsrecht des Aufenthalts- bzw. Aufnahmestaats, keine
5 Es fehlt nur an dieser Stelle die ausdrückliche Stipulation, dass „die
Transportkosten bis zur Grenze .. . von dem zuweisenden Teile getragen“
werden (vgl. Art. 8 Abs. 4 des deutsch-schweizer. Vertrages). S. aber Art. 11
des d.-nied. Vertrages. Unten S. 130.
® Dieser Ausdruck wird im folgenden der Kürze wegen für sämtliche
in Art. 1 Abs. 1 erwähnten Befugnisse gebraucht. Kritik des Ausdrucks
bei Vv. OVERBECK a. a. O. 8. 39 Note 107.
’ Die nähere Bestimmung darüber, welche Ausweispapiere ausser den
Pässen als genügend anzusehen sind, ist der Verständigung durch Noten-
austausch überlassen (vgl. Art. 1 Abs. 2). Eine solche Verständigung wurde
am 29. Okt. 1906 getroffen, vgl. die oben Note 2 zitierte Bekanntmachung
des Reichskanzlers. Danach sind als genügender Ausweis anerkannt: einer-
seits die von den zuständigen deutschen Behörden ausgestellten Heimat-
scheine, sofern dieselben innerhalb der letzten fünf Jahre ausgestellt oder
mit einem Erneuerungsvermerk versehen sind und die Unterschrift des In-
habers tragen; andererseits unter üden analogen Voraussetzungen die von
den niederländischen Kommissaren der Königin ausgestellten „Nationalitäts-
bewijzen“.
7% Anders der frübere d.-schw. Vertrag v. J. 1876.