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und der Frage, ob jemand sich durch unbefugte Führung eines
Adelsprädikats strafbar gemacht habe, so hat er, worauf
schon in den vorerwähnten Urteilen vom 20. Oktober 1902 und
vom 2. Mai 1904 (GOLTDAMMERS Arch. Bd. 51 8. 60; JoHow
Bd. 27 S. 70) hingewiesen worden ist, nichts anderes zum Ausdruck
[S. 4] bringen wollen, als was auch der Gerichtshof zur Ent-
scheidung der Kompetenzkonflikte in seinem Urteile vom 16. Fe-
bruar 1895 (Just. Min.-Bl. S. 428) erklärt hat, dass nämlich im
Falle des 8 360,, StrGB. der Strafrichter selbständig darüber
zu befinden habe, ob die Annahme des Adelsprädikates eine un-
befugte sei. Abweichend hat auch das Reichsgericht niemals
entschieden. Wo es den „ordentlichen Rechtsweg“ für aus-
geschlossen erklärt hat, hat es sich immer nur um bürger-
liche Rechtsstreitigkeiten gehandelt, und selbst für diese hat
das Reichsgericht Recht und Pflicht des Richters anerkannt,
über Vorfragen öffentlich-rechtlichen Charakters zu entscheiden
(GrucHoT Bd. 42 S. 986, RGEntsch. ZS. Bd. 41 8.272), wo-
fern nur der geltend gemachte Anspruch überhaupt im Wege
des Zivilprozesses verfolgbar ist (dies und nichts anderes wollen
die Ausführungen des Reichsgerichts bei GRUCHOT Bd. 42 S. 985
besagen). Diese Einschränkung entfällt aber für das Strafver-
fahren ohne weiteres als bedeutungslos, weil der Strafanspruch
des Staates wegen unbefugter Adelsannahme stets im Wege des
Strafprozesses zu verfolgen ist.
Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlass.
Die entscheidende Bestimmung enthält der 8 260 StrPO., laut
welchem der Strafrichter nach seiner freien, aus dem Inbegriffe
[S.5] der Verhandlung geschöpften Ueberzeugung zu entscheiden und
alle für die Beantwortung der Schuldfrage massgebenden Vor-
aussetzungen, mögen sie dem eigentlichen Strafrecht oder einem
anderen Rechtsgebiet, insbesondere dem des öffentlichen Rechts,
angehören, selbständig und ungehindert durch Beweisregeln oder
durch Entscheidungen anderer Gerichte oder Behörden festzu-