Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Disziplinarrecht in seinen Grundzügen darstellt, und sodann die Rechts- 
stellung des Richters bei Zusammensetzung der Kollegien. Dieser letztere 
Punkt, die „Unverschiebbarkeit im Kollegialgericht“, ist von grosser Be- 
deutung für die Unabhängigkeit der Kollegialgerichte von der Zentralver- 
waltung, der es sonst, etwa in Zeiten innerer Konflikte, ein Leichtes wäre, 
plötzlich die über politische Vergehen urteilenden Strafsenate mit lauter ihr 
genehmen, „sicheren“ Richtern zu besetzen. Ausser dem Reichsrecht und 
dem österreichischen Rechte werden auch die Bestimmungen der grösseren 
deutschen Einzelstaaten herangezogen. Auch die Gehalts- und Rangverhält- 
nisse der Richter werden erörtert. 
Die gutgeschriebene Abhandlung verdient allseitiges Interesse, auch bei 
den Praktikern. Der deutsche Richter hat seit Jahrzehnten alles erlangt, 
was ibm zur Sicherung der Unabhängigkeit seiner Rechtsprechung nottut, 
er ist „saturiert“. Er diskutiert in diesen schlechten Zeiten häufiger Ge- 
haltsfragen als andere Standesfragen. Möge Augıns Abhandlung diese 
wichtigeren Standesfragen ihrer unverdienten Vergessenheit entreissen. 
Möge auch die Presse, die nicht selten eine verblüffende Unkenntnis der 
Bestimmungen über die richterliche Unabhängigkeit verrät, nicht ganz acht- 
los daran vorbeigehen. 
Amtsrichter Dr. M. Rumpf. 
Erich Foerster, Die Entstehung der Preussischen Landes- 
kirche unter der Regierung König Friedrich Wilhelms III. Bad. II 
Tübingen, J. C. B. Mohr, 1907 [530 S.] Mk. 10.40, geb. Mk. 12. 
Der zweite Band des verdienstvollen Werkes geht ganz in den Bahnen 
des ersten Bandes, über den in diesem Archiv Bd. 20 S. 606 f. berichtet 
ist. Er sehildert die kirchliche Entwickelung in den letzten beiden Dezen- 
nien der Regierungszeit Friedrich Wilhelms III. Das Schwergewicht ist 
dabei auf die Darstellung des Streits um die Agende (S. 55—210) und die 
dadurch sowie die Einführung der Union veranlasste „Ausprägung des Be- 
kenntnisstandes und den Kampf gegen die Separation* (S. 238—821) ge- 
legt. Kleinere Kapitel schildern die fruchtlosen Ansätze zu einer Synodal- 
organisation (S. 1—26), den Fortgang der Union (S. 26—54) und die Ein- 
richtung der Generalsuperintendenturen (S. 210—237). Der breite Raum, 
den die Darstellung der Agendeangelegenheit einnimmt, rechtfertigt sich 
damit, dass im Verlauf derselben die prinzipiellsten Verfassungsfragen zur 
Erörterung und Entscheidung kamen, Nach FOERSTER war überhaupt „der 
Kernpunkt des Streits um die Agende nicht dogmatischer, praktisch-kirch- 
licher oder religiöser, sondern rechtlicher Art“; indem das ius liturgicum 
des Landesherrn geltend gemacht und bestritten wurde, sei schliesslich „die 
Durchführung des landesherrlichen Kirchenregiments Kern des Kampfes um 
die Agende“ geworden.
	        
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