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Curti, Eugen, Sänitliche Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts
(Bd. XXV—XXX der amtlichen Sammlung) in abgekürzter Fassung und
nach Materien geordnet. Erste Fortsetzung, 1. Lieferung. Zürich, Schult-
hess & Cie., 1908.
Der Verfasser, welcher eine hervorragende Stellung unter den schwei-
zerischen Rechtsanwälten einnimmt, hat bereits in den Jahren 1901/02 in zwei
starken Bänden die Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichtes aus
den Jahren 1874 bis 1898 herausgegeben. Im Jahre 1904 folgte ein Register-
band, welcher die Benutzung dieser ausgezeichneten, aber trotz aller Kon-
densation immerhin noch ziemlich umfangreichen, 3318 Entscheide umfas-
senden Sammlung wesentlich erleichterte. Die Publikation CurTis hatte
seinerzeit lebhaften Beifall gefunden, weil sie einem dringenden praktischen
Bedürfnisse entgegenkam, denn einmal hat nicht jedermann die amtliche
Sammlung zur Hand und sodann ist deren Benützung trotz guter periodisch
erscheinender Register ziemlich umständlich. Die Sammlung von Currı
kann die offizielle Ausgabe im allgemeinen ersetzen, jedenfalls erleichtert
sie die Benützung der letztern in hohem Masse, Voraussetzung der Brauch-
barkeit einer Sammlung abgekürzter Gerichtsentscheidungen ist Zuverlässig-
keit und Präzision. Die Arbeit, welche eine solche verkürzte Wiedergabe
von umfangreichen und oft äusserst komplizierten Entscheidungen bedingt,
ist gross und erfordert intensives Eindringen des Verfassers in den Stoff
und gleichzeitig vollständiges Zurückdrängen der persönlichen Ansicht.
Dazu gehört auch, dass alle Entscheide geboten werden, dem Leser also ein
selbständiges Urteil über die Judikatur möglich gemacht wird; in Zusam-
menstellungen von sog. „leading cases“, wie sie in Amerika und England
gebräuchlich sind, liegt immer eine gewisse Willkür. Die zur Zeit vor-
liegende erste Lieferung der Fortsetzung entspricht sowohl in bezug auf die
Behandlung des Stoffes wie auch in der äusseren Anlage und Ausstattung
genau den schon erschienenen Bänden. Es ist von dem Verfasser und dem
Verlage in Aussicht genommen, diese Fortsetzungen in regelmässigen kür-
zeren Intervallen erscheinen zu lassen. Wie bisher sind die Entscheidungen
in öffentlichrechtliche und zivilrechtliche geschieden, innerhalb dieser Grup-
pen nach Rechtsquellen geordnet und in der Legalordnung aneinander ge-
reiht, so dass das Ganze sich als eine Art Kommentar darstellt.
Die angezeigte Publikation verdient an dieser Stelle besondere Beach-
tung, weil ungefähr die Hälfte der Entscheide (die erste Lieferung allein
enthält 228 Entscheidungen) fast ausschliesslich staats- und verwaltungs-
rechtlicher Natur sind. Da dem Bundesgericht seit 1874, insbesondere seit
Jen Organisationsgesetz von 1893, eine ausgedehnte Kompetenz als Staats-
gerichtshof eingeräumt wurde, haben die meisten, subjektive öffentliche
Rechte der Bürger statuierenden Bundesrechtsnormen sowie die wichtigsten
kantonalen Verfassungsnormen eine massgebende Interpretation durch das
Bundesgericht erhalten. Von besonderer Bedeutung und eigenartig ist die