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jährigen als eines Entmündigten. Das römische Recht bezeich-
net die tutela als ius ac potestas in capite libero. Die Vor-
mundschaft ist weniger umfassend als die elterliche Gewalt;
ihre Natur als einer Gewalt lässt sich aber nicht bestreiten,
so wenig sie auch betont zu werden pflegt. Wie jede einem
Menschen zukommende Sorge für einen anderen, wenn dieser
sich ıhr nicht entziehen darf, eine Gewalt über ihn bedeu-
tet, so bedeutet auch jede Gewalt über Menschen nach un-
serem Rechte, das keine rechtlosen Menschen kennt, eine ihrem
Objekte geschuldete Sorge. Wenngleich sie wegen seines rechts-
widrigen Verhaltens zu seinen Ungunsten besteht, schuldet ihm
doch ihr Subjekt gerade durch seine Gewalt insoweit Sorge, als
er wegen jener nicht selbst für sich sorgen kann. Wenn man
zum Beispiel es befremdend findet, dass der Staat für die Er-
nährung und die Gesundheit der Strafgefangenen in einer Weise
sorgt, in der für andere zu sorgen ihm nicht einfalle, so ver-
gisst man, dass er ihnen im Gegensatze zu anderen die eigene
Sorge für jene Bedürfnisse nicht gestattet. Sorgt er für solche Be-
dürfnisse der Rechtsgenossen, für die sie nicht selbst sorgen können,
so muss dies um so mehr geschehen, wenn sie von Staats wegen
in diese Lage versetzt worden sind. Ein anderes ist die Frage
nach dem Wertverhältnisse zwischen den durch den Staat zu be-
friedigenden Bedürfnissen der Sträflinge und dem Bedürfnisse
ihrer Bestrafung, wegen dessen natürlich jene eine Minderung
ihrer Befriedigung erfahren, die aber nicht soweit gehen darf,
dass z. B. die Freiheitsstrafe durch unterbliebene Gewährung
des zur Erhaltung des Lebens Erforderlichen zur Todesstrafe,
ja vielleicht zu einer geschärften Todesstrafe wird.
Jedes einzelne Bedürfnis ist untergeordnet dem Bedürfnisse
der Liebensförderung, dem jede Leebensbetätigung dient. Dieses
kann auch das Bedürfnis der Lebensvernichtung begründen we-
gen des Uebergewichtes der durch sie erkauften Lebensförderung:
Das Recht bezweckt die Förderung des Gemeinlebens als eines