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einen realen Erfolg bezweckenden Verhalten die Beachtung der
für dessen möglichen Eintritt massgebenden Naturgesetze aus
einem andren Grunde als weil er entweder überhaupt sie nicht
kennt oder doch gerade jetzt nicht an sie denkt. Anders steht
es mit andren Normen meines Verhaltens, weil für mein Be-
wusstsein der von dessen Uebereinstimmung mit jenen abhängende
Wert desselben überwogen werden kann durch einen andren
Wert, den es nicht zu haben vermag, ohne jenen zu widerspre-
chen. Hat für mich das ihnen widersprechende Verhalten mehr
Wert als das ihnen gemässe, so erfährt doch auch sein Wert
dadurch eine Minderung, dass es des Wertes entbehrt, den es
als ein auch ihnen gemässes hätte. Wo immer verschiedene Be-
dürfnisse meines Lebens kollidieren, die mir ein verschiedenes
Verhalten gebieten, da hängt es von meiner Abwägung ihrer Be-
deutung ab, welches ich befriedigen will auf Kosten andrer, und
da sind auch diese andren nicht solche, deren Befriedigung ich
überhaupt nicht begehre, sondern nur solche, deren Befriedigung
ich weniger dringend begehre als die Befriedigung der für mein
Bewusstsein ihnen vorgehenden Bedürfnisse. Durch die Existenz
kollidierender Bedürfnisse meines Lebens ist gegeben die Existenz
kollidierender für dasselbe geltender Normen, und gleich jenen
können diese einander nicht nur vorgehen und nachstehen, son-
dern auch gleichstehen. Bestimmende Bedeutung für mein Ver-
halten kann, wenn ich mich nicht sowohl der einen als der
andren gemäss zu verhalten vermag, nur entweder die eine oder
die andre haben, wofür die grössere Wichtigkeit entscheidet,
die entweder überhaupt oder doch zur Zeit das eine oder das
andere Bedürfnis für mein Bewusstsein hat. Dadurch ist aber
nicht die eine Norm eine für mich ausschliesslich geltende. Bin
ich mir der durch mein Verhalten übertretenen Norm bewusst,
so bin ich mir auch bewusst, dass durch ihre Uebertretung der
Wert eine Minderung erfährt, den mein Verhalten vermöge
seiner Uebereinstimmung mit der dadurch befolgten Norm hat.