Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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sondern bildet eine Schlussforderung aus der Gegenüberstellung 
der beiden Rechtssätze. Dem Verpflichteten ist es bekannt, dass 
wenn er gegen den Imperativ des primären Rechtssatzes ver- 
stösst, ein weiterer Imperativ besteht, dessen Durchführung für 
ihn ein Uebel bedeutet. Darin liegt die Drohung, bezw. der An- 
lass zur Befürchtung. Es ist also nicht notwendig, neben dem 
Befehle und der Erlaubnis noch einen weitern Bestandteil der 
Rechtssätze, die Drohung anzunehmen. 
Es ist möglich, dass für die Sanktion noch eine weitere 
Sanktion besteht, d. h. dass für den Fall der Nichtausführung 
des Befehles der ersten Sanktion, eine zweite Sanktion einem 
höhern Organe befiehlt u. s. w. Irgendwo hören dann allerdings 
diese Sanktionen auf; vgl. THon a. a. O. S. 10 u. 11. 
Wenn auch die Drohung formell keine Stellung im Rechts- 
satze selbst findet und sich bloss aus der Gegenüberstellung des 
primären und sekundären Rechtssatzes ergibt, so ist sie doch 
ein Moment, mit welchem der Gesetzgeber rechnet, ein Moment, 
das motivierend zu wirken bestimmt ist. Die Drohung soll den 
Bürger beeinflussen, dass er die ihm durch den Befehl über- 
tragene Pflicht erfülle. 
Ist nun die Drohung für sich genommen fähig, eine deter- 
minierende Wirkung auszuüben? Man kann mit Fug behaup- 
ten, dass eine Drohung an sich, eine leere Drohung keine oder 
doch nur eine vereinzelte Wirkung auszuüben vermag. Die 
Drohung einzig genügt nicht, um auf die Befolgung des Be- 
fehles hinzuwirken, es muss noch ein weiteres Moment hinzu- 
treten, nämlich die für den Bedrohten bestehende Gewissheit 
oder hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Drohung keine leere 
bleibt, dass sie durchgeführt wird. Der Stützpunkt, worauf die 
Drohung und der dieser voraufgehende Befehl ruhen, ist somit 
ein Moment, das nicht in den Vorschriften des Gesetzes, nicht 
in den Normen, sondern ausserhalb derselben existiert. Die 
Rechtssätze müssen dieses Moment als gegeben voraussetzen.
	        
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