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Remedur zu schaffen gesucht. — Der gleiche Gedanke, der den
Schutz als Begriffsmerkmal des Dürfens hinstellt, liegt auch der
Auffassung zu Grunde, dass dem subjektiven Rechte eine Willens-
macht innewohne. Versteht man unter dieser Macht die Ueber-
legenheit des Berechtigten infolge der Möglichkeit, die Staats-
organe anzurufen, so ist Macht lediglich Reflex der Pflichter-
füllung der Organe. Weil ich darauf rechnen kann, dass die
hiezu verpflichteten Staatsorgane mir zur Geltendmachung eines
Rechts verhelfen werden, habe ich eine gewisse Macht über
meinen Verpflichteten. Was man Macht oder Willensmacht
nennt, ist in Wirklichkeit ein zu dem Recht hinzutretender wei-
terer Anspruch gegenüber den Staatsorganen. HoLD V. FERNECK,
a. a. O. 8. 121 ff. sieht den Schutz des Interesses nicht, wie
so häufig gemeint werde, darin, dass dem Berechtigten der Weg
Rechtens offen stehe, wenn dem Interesse zuwidergehandelt werde,
sondern gerade darin, dass das Interesse nicht tangiert werde.
„Das einzelne subjektive Recht ist nicht konkrete, sondern ab-
strakte Macht“. Die abstrakte Macht sieht HoLp v. FERNECK
in der Tatsache, dass die dem subjektiven Rechte entsprechende
Pflicht in den häufigsten Fällen ohne weiteres erfüllt, das
Interesse geschont wird, dass also infolge der psychischen Be-
einflussung, die das Gesetz präventiv ausübt, eine pflichtwidrige
Betätigung des Verpflichteten nicht aufkommt. Allein diese
präventive Beeinflussung ist zum grössten Teile wieder auf Rech-
nung bestehender Sanktionen zu setzen. Die Macht des Be-
rechtigten ist auch vom Standpunkte HoLp v. FERNECKs aus
blosser Reflex der hauptsächlich durch den Bestand von Sank-
tionen bewirkten Pflichterfüllung, kein Bestandteil des subjektiven
Rechts selbst. Ich halte also dafür, dass das subjektive Recht
lediglich in einem gesetzlichen Dürfen, in einer gesetzlich ge-
währten Interessenwahrnehmung besteht und dass das Moment
des Schutzes oder der Macht kein begriffliches Merkmal des
subjektiven Rechts bildet.