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ralversammlung, Vorstand u. s. w.) innerhalb der Macht oder
Autonomie. Die Normengebung kommt also nicht bloss im Staats-
verbande vor. Das normengebende Organ ist eine Autorität, die
über den einzelnen Genossen steht, auf letztere einwirkt. Der
Verbandgenosse ist dem Gesetze unterworfen, das Gesetz herrscht.
Es frägt sich, welcher Natur die Rechtssätze sind, die in
Staatsverträgen enthalten sind und die für die Organe und einzelnen
Bürger der vertragsschliessenden Staaten Rechte und Pflichten
begründen. Man denke an die internationalen Verträge über
Postverkehr, Zivilprozessrecht, Schutz des künstlerischen, litera-
rischen und gewerblichen Eigentums, Gerichtstandsfragen, Voll-
ziehung von Zivilurteilen, freie Niederlassung, Auslieferung von
Verbrechern u. s. w. KAUFMANN, Die Rechtskraft des interna-
tionalen Rechtes, hat die These verfochten, dass es sich hier um
unmittelbar durch den Staatsvertrag bewirktes objektives Recht
handle, um Recht, durch welches Organe und Staatsbürger der
kontrahierenden Staaten unmittelbar berechtigt und verpflichtet
werden. Dieses, das internationale Recht, habe gegenüber dem
Landesrecht der Staaten erhöhte Rechtskraft, ein späteres Lan-
desgesetz derogiere dem internationalen Recht nicht. So be-
stechend diese Theorie auf den ersten Blick auch erscheint, so
hält sie doch einer nähern Prüfung nicht stand. Es ist, wie
namentlich LABAND, Staatsrecht II S. 114 ff. ausgeführt hat, zu
unterscheiden zwischen dem völkerrechtlichen und dem staats-
rechtlichen Vorgange, zwischen dem Abschlusse des Vertrages
und seiner Durchführung. Letztere ist bei den das innere Rechts-
leben der Staaten berührenden Verträgen Gesetzgebung. Diese
Gesetzgebung erleichtert und vereinfacht sich der Geseizgeber
dadurch, dass er den Vertrag publizieren lässt und so anordnet,
ihm gemäss zu verwalten, zu urteilen u. s. w. LABAND a. a. 0.
S. 118 u. 119; TRIEPEL, Völkerrecht und Landesrecht 8. 122.
Die gesetzgeberische Anordnung besteht aus so vielen Befehlen
und Erlaubnissen an die Organe und Bürger, als solche im Texte