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schende Theorie zutrifft, dass das Repräsentantenhaus staatsrecht-
lich verpflichtet sei, für die Durchführung der vom Präsidenten
und Senate abgeschlossenen Verträge einzustehen, so darf das
Völkerrecht den Präsidenten in Verbindung mit dem Senate als
Willensorgan der Union betrachten, weil die eingegangenen völker-
rechtlichen Verpflichtungen durch das Mittel des Staatsrechts den
Staat in seinen zur Durchführung kompetenten Organen trifft.
Was die englische Theorie anbelangt, so ist diese darüber einig,
dass das Parlament staatsrechtlich durch den König nicht ver-
pflichtet werden kann, von letzterem eingegangene Verträge durch-
zuführen®. Vom völkerrechtlichen Standpunkte aus, und nur
auf diesen kommt es an, kann also der König von England nicht
als Willensorgan für solche Verpflichtungen betrachtet werden,
deren Durchführung die Mitwirkung des Parlamentes erfordert.
Die von LABAND zur Unterstützung seiner Ansicht gezogene Ana-
logie mit privatrechtlichen Korporationen scheint mir nicht das
von ihm bezeichnete Resultat zu ergeben. Angenommen, das
Privatrecht eines Staates bestimme, dass über die Frage, welche
Organe die privatrechtliche Korporation zu verpflichten vermöge,
die Korporationssatzungen entscheiden; angenommen ferner, die
Satzungen einer Korporation sagen, zur Eingehung von Ver-
trägen sei der Präsident legitimiert, mit dem Vorbehalte jedoch,
dass der aus mehreren Mitgliedern bestehende Vorstand frei be-
stimmen könne, ob die Verpflichtung erfüllt werden solle oder
nicht. In einem solchen Falle wird man doch nicht den Präsi-
denten als das nach den Satzungen massgebende Willensorgan
der Korporation betrachten wollen; eine wirkliche privatrecht-
liche Bindung der Korporation ist bei solchen Satzungen nur
dann möglich, wenn der Vorstand beim Vertragsabschlusse mit-
wirkt. Wo also die Durchführung der Vertragsverpflichtung die
5 RÜTTIMANN, Das nordamerikanische Bundesstaatsrecht I. S. 296 fl. ;
E. MEIER, Ueber Abschluss von Staatsverträgen S. 166 ff.
6 E. MEIER a. a. O. S. 131 ff.