Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

— 389 ° — 
Tätigkeit des gesetzgebenden Körpers erfordert, ist die Mitwir- 
kung desselben auch beim Abschlusse des Vertrages nötig, wenn 
eine wahre völkerrechtliche Verpflichtung eintreten soll. Der ge- 
setzgebende Körper, das Parlament ist dann mit dem Staats- 
oberhaupte äusseres Willensorgan. Das Parlament gibt mit seiner 
Ratifikation eine völkerrechtliche Willenserklärung ab. Wenn 
auch die Abgabe dieser Erklärung in staatsrechtlichen Formen 
geschieht, sich intern als Gesetz im formellen Sinne darstellt, so 
ist sie materiell doch ein völkerrechtlicher, nicht staatsrechtlicher 
Akt. ÜUNGER, Grünhuts Zeitschrift Bd. VI S. 353, verneint, dass 
die Volksvertretung überhaupt einen Anteil an der Schliessung 
des Vertrages habe; ihre Teilnahme und Mitwirkung sei ledig- 
lich eine akzessorische, eine ergänzende, vervollständigende. Al- 
lein diese ergänzende Mitwirkung soll doch die völkerrechtliche 
Gültigkeit der Erklärung herbeiführen; sie muss deshalb als 
völkerrechtlicher Akt, als völkerrechtliche Vertragserklärung auf- 
gefasst werden. Die Ratifikation eines Vertrages ist, wie schon 
oben bemerkt, allerdings regelmässig nicht bloss völkerrechtlicher, 
sondern auch staatsrechtlicher Akt, Gesetzgebung, gesetzgeberische 
Anordnung des Vertragsinhaltes. Beide Willenserklärungen, die 
völkerrechtliche und die staatsrechtliche, geschehen gewöhnlich 
gleichzeitig, vereinigt, formell uno actu. Vgl. auch TRIEPEL a. a. 0. 
S. 122 in fine. 
Normen besonderer Art stehen über den souveränen Ge- 
meinwesen, die Normen des Völkerrechts. Auch diese Normen 
gehen von einer Autorität aus, die über den Adressaten steht. 
Es ist die Autorität der Vernunft. Die Völkerrechtsnormen ha- 
ben aber gegenüber den Verbandsnormen den Mangel, dass ihnen die 
endliche Bestimmtheit fehlt. Sie sind deshalb ganz allgemeiner Na- 
tur: Verträge sollen gehalten werden; kein Staat soll dem andern 
Uebles zufügen ; jeder Staat solle das Gebiet des andern respek- 
tieren etc. Die Bestimmtheit der Völkerrechtsnormen wird auch 
nicht herbeigeführt durch Verträge oder sog. Vereinbarungen ; diese
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.