— 409 —
die Warnehmung derselben ermöglicht werden und jede einge-
räumte Interessenswarnehmung ist subjektives Recht.
Schwierigkeiten, für vorhandene Pflichten entsprechende Rechte
aufzudecken bietet das Strafrecht. Rechtsnormen, die sich an die
einzelnen richten und ihnen ein Verhalten untersagen, begründen
Pflichten dieser einzelnen. Es frägt sich, wem die diesen Pflich-
ten korrespondierenden Rechte zustehen.
Nahbeliegend ist die Auffassung, dass die entsprechende Rechte
dem Staate zustehen. So Bınpınes, Normen I. S. 96 fl. Es
charakterisiere die Normen, dass sie stets zugleich Recht und
Pficht begründen. Ersteres erschöpfe sich in der Gewalt, die
Erfüllung der letztern zu fordern. Es sei ein Herrscherrecht
auf Gehorsam oder Botmässigkeit, das dem Staate zustehe.
Allein diese Auffassung kann m. E. nicht zutreffen Es ist
allerdings die naheliegende Erscheinung, dass derjenige, der be-
fiehlt, sich selbst gegenüber eine Pflicht begründen will. Allein
es ist das Eigentümliche des Gemeinwesens, dass der Staat-
Gesetzgeber nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der
Volksgenossen befiehlt. Der Gesetzgeber hat überhaupt keine ihn
speziell berührenden Interessen. Wo er befiehlt, hat es zum
Zwecke, bestimmte Interessen der Verbandsgenossen zu wahren
und diese Interessenträger erscheinen als die Berechtigten. In-
teresseträger bei den Strafnormen sind die Volksgenossen. Zweck
dieser Normen ist, Verbrechen zu verhindern, weil sie die Ge-
deihlichkeit des Zusammenlebens stören. Es geht nicht an, als
Berechtigten gegenüber den durch die Gesetzgebung geschaffenen
Pflichten den Staat als öffentliche Macht hinzustellen, sonst gäbe
es überhaupt keine andern Rechte als die des Staats-Gesetzgebers.
Allerdings lässt BInDING Normen nur auf dem Gebiete des Straf-
rechts zu, Normen des Privatrechts etc. bestehen nach ihm nicht.
Steht man aber auf dem Boden der Normennatur alles Rechts
so bleibt nur die Alternative, entweder alle gesetzlichen Pflichten
der einzelnen als der öffentlichen Gewalt gegenüber bestehend