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Im allgemeinen verstand man unter Sanitätswesen die vor-
beugende Tätigkeit des Staates, unter Medizinalwesen die Sorge
für die Heilung von Krankheiten, besonders die Bereitstellung
von Heilpersonal und Heilanstalten. Beide Gebiete greifen
heutzutage so sehr ineinander, dass sich diese Scheidung nicht
mehr durchführen lässt!3°, Auch die medizinalpolizeiliche Tätig-
keit des Staates findet ihre Grenze in $ 10, II, 17 ALR.; sie
ist nur Sicherheits-, nicht Wohlfahrtspolizei und hat sich auf
Abwendung von Gefahren und nicht blosser Belästigung zu
beschränken. Immerhin ist der Spielraum ein weiter, da „die
polizeilichen Funktionen des Staates nicht etwa in einer be-
grenzten Summe bestimmter genau vorgeschriebener Befugnisse
bestehen, sondern das polizeiliche Einschreiten überall da ge-
rechtfertigt ist, wo dem Publikum oder einzelnen Mitgliedern
desselben eine Gefahr droht“!5. Zur Durchführung der me-
dizinalpolizeilichen Anforderungen stehen dem Regierungs- und
Ober-Präsidenten alle polizeilichen Machtmittel zur Verfügung '??.
Hier kommt vor allem das Polizei-Verordnungsrecht in Frage,
das eine gleichmässige Behandlung aller Krankenanstalten eines
grösseren Bezirks ermöglicht. So sind denn auch Polizeiver-
ordnungen für die einzelnen Provinzen ergangen, die Anlage,
Bau und Einrichtung der Krankenanstalten regeln!°®. Da die
allgemeinen polizeilichen Befugnisse der Ortspolizeibehörde
durch die besondere medizinalpolizeiliche Aufsicht nicht berührt
worden sind, so ist bei Errichtung einer Krankenanstalt unter
150 RAPMUND II S. 3.
1511 OVG. XI. S. 370.
152 Zwangsbefugnisse stehen dem Oberpräsidenten nicht zu. $ 132 LVG.
158 Durch die Entscheidung des OVG. vom 27. Mai 1899 Bd. XXXV.
S. 342 sind diese Polizei-Verordnungen, soweit sie sich auf konzessionsfreie
Anstalten beziehen, nicht berührt worden. Es heisst dort (S. 346) aus-
drücklich : „Es bleibt daher nichts anderes übrig, als den gesamten Vor-
schriften der Polizeiverordnung über die Anlage von Privat-Krankenan-
stalten die Geltung als allgemeine Anforderung zu versagen.“