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Lokalverwaltungen dem Aufstreben der Manufaktur und des Handels ent-
gegensetzten. Der Rückschlag gegen diese auf Entthronung der altherge-
brachten Mächte im Innern gerichteten Bestrebungen blieb nicht aus; er
trat schon in der letzten Zeit der Regierung Kaiser Josefs II. ein und führte
zurzeit der Reaktion unter Kaiser Leopold II., sowie auch unter Kaiser
Franz zu einer neuerlichen Fesselung des Gewerbewesens.
Die Darstellung des Verfassers ist sehr eingehend und beruht auf selb-
ständigen archivarischen Studien. Sie ist für den Rechtshistoriker wie für
den Wirtschaftspolitiker von sehr bedeutendem Interesse; namentlich wer-
den getreu die aktenmässig niedergelegten grundsätzlichen Erwägungen der
Männer hervorgehoben, die in der Zeit Josefs II. für die Geschicke der
wirtschaftlichen Entwicklung Oesterreichs ausschlaggebend waren. Und
nicht minder wird der so wirksame persönliche Einfluss ins Licht gesetzt,
der von der Kaiserin Maria Theresia und ihrem grossen Sohne ausging.
Dr. Max Schuster-Bonnott.
Sammlung der nach gepflogener mündlicher Verhandlung geschöpften Er-
kenntnisse des k. k. Reichsgerichtes, begründet von Dr. Anton Hye
Freiherr von Gluneck, fortgesetzt von Dr. Karl Hugelmann, k.k. Hof-
rat und Präsidialsekretär des k. k. Reichsgerichtes in Wien, XII.
Teil, 1. Heft, Jahrgang 1904, Graz und Wien, Styria, 1907, VI und
594 Seiten.
Dieser Band enthält den Wortlaut der Entscheidungen des österreichi-
schen Reichsgerichtes während des Jahres 1904. Es sind 83 Erkenntnisse,
die das Reichsgericht in diesem Jahre auf Grund mündlicher Verhandlung
schöpfte.e Unter ihnen finden sich einige der wichtigsten Entscheidungen,
die das Reichsgericht seit seinem Bestande fällte.e Vor allem kommt in
Betracht die Entscheidung vom 20. Oktober 1904 (Seite 473 ff. dieses Ban-
des) womit die Beschwerde der in Wien lebenden Angehörigen tschechi-
scher Nationalität gegen die Verweigerung der Errichtung tschechischer
Schulen in Wien zurückgewiesen wurde. In den Gründen zu dieser Ent-
scheidung wird ausgeführt, dass es allerdings richtig ist, dass eine nicht unbe-
trächtliche Anzahl von Angehörigen der tschechischen Nation in Wien
wohnt, dass aber deshalb noch nicht der böhmische Volksstamm als natio-
nale Individualität im Lande Oesterreich unter der Enns besteht. Es wird
erörtert, dass eine bleibende Ansiedlung und ein Verwachsensein mit dem
Leben der Gesamtbevölkerung in Ansehung des tschechischen Volkes in
Niederösterreich im allgemeinen nicht angenommen werden kann und das»
eben deshalb die böhmische Sprache in Wien nicht landesüblich ist, mag
sie auch daselbst gesprochen werden. Hieraus wird gefolgert, dass der im
Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staats-
bürger begründete Anspruch auf Pflege der Nationalität nicht das Begehren