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streng an demselben festhält. Das zeigt insbesondere seine Auffassung
über die Auslegung der Kollisionsnorm (S. 10 2. Absatz und S. 15 1. Ab-
satz). Sicher muss man L. darin beistimmen, dass allem internationalen
Privatrecht das Streben nach Gesetzesharmonie zugrunde liegt. Man kann
und muss aber vom positivistischen Standpunkte aus diesen Grundsatz in
eine systematisch genaue Form kleiden, um sich vor einer Entgleisung in
die Bahnen der Internationalisten zu hüten. Das Streben nach (Gesetzes-
harmonie entspricht dem Geiste und dem Wesen der nationalen Kol-
lisionsnormen, weil dem Zwecke des internationalen Privatrechts überhaupt.
Die Folgerungen aus diesem Zwecke sind also Folgerungen, gezogen aus
dem nationalen, dem deutschen Rechte. Nicht anders steht es mit den von
der Wissenschaft ausgebildeten Grundsätzen des internationalen Privat-
rechts. Sollten sie wirklich „gar kein Recht sein, nur ein wissenschaft-
licher Vorschlag de lege ferenda“ ? (S. 15.) Dann wäre es mit der Hand-
habung unseres lückenhaften internationalen Privatrechts schlimm bestellt,
Aber dievon derinternationalen Wissenschaft ausgebildeten Grundsätze
sind auch Grundsätze der deutschen Wissenschaft, und die Grundsätze
der deutschen Wissenschaft sind ein integrierender Teil des geltenden
internationalen Privatrechts. Ohne die Gefahr der Verdunkelung ihres Stand-
punktes sind die Nationalisten vollkommen berechtigt, gerade dieses wissen-
schaftliche Recht als positive nationale Rechtsquelle in Anspruch zu nehmen.
Nur werden die Positivisten immer ihren Ausgangspunkt nehmen von deut-
schen Recht. Gerade von diesem Standpunkte aus ist gegen die berüch-
tigte Rückverweisung zu kämpfen, gegen die auch L. energisch Front
macht. Ich habe an anderer Stelle eingehend meine Auffassung über
diesen Punkt dargelegt (Recht 1907) und will nur hier nochmals im An-
schluss an L.s Ausführungen hervorheben, dass die Anerkennung der Rück-
verweisung mittelbar führt zur Anerkennung des vom deutschen Rechte ab-
gelehnten Domizilprinzips.. Wir Deutschen verleugnen unser Recht und
unsere Wissenschaft, wenn wir der Rückverweisung in irgend einer Gestalt
Konzessionen machen, die über das uns durch Artikel 27 des Einführungs-
gesetzes vorgeschriebene Mass hinausgehen. Aus diesen Gründen kann ich
auch der Ansicht L.s nicht zustimmen, dass ein Entgegenkommen gegen-
über der Gesamtverweisung, wie es im Artikel 27 zutage tritt, nicht unbe-
dingt verwerflich sei, noch weniger seinen Ausführungen Seite 62, 63. Ich
stehe auf dem entgegengesetzten Standpunkt. Und dieser ist nicht ohne
praktische Konsequenz. Er hindert jede analoge Ausdehnung des Artikel 27,
hindert vor allem irgend eine Einbeziehung von anderen als den in Art. 27
ausdrücklich genannten Kollisionsfällen. Das trifft auch für die Entmündi-
gung zu, auch für Artikel 23. An dieser Auffassung ist um so energischer
festzuhalten, als ja auch das oben genannte Abkommen über die Entmündi-
gung vom 17. Juli 1905 die Rückverweisung verwirft. Sollen diese Ab-
kommen den Anlass zuneuen Komplikationen im internationalen Privat-