Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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sei, so komnıt der Autor zu dem Schlusse, dass die deutsche Zivilgerichtsbarkeit 
auch auf ausländische Staaten soweit sie Privatrechtssubjekte seien sich er- 
strecke. Die Arbeit bildet durch ihre positive Stellungnahme und die weit- 
gehende Berücksichtigung der praktischen Rechtssprechung einen schätz- 
baren Beitrag für das theoretisch sehr bestrittene Gebiet des internationalen 
Privatrechts. — 
Heidingsfeld a/M. Franz Schneider. 
A. Mendelsohn Bartholdy, DasImperium des Richters. Ein Versuch 
kasuistischer Darstellung nach dem englischen Rechtsleben im Jahre 
1906/1907 nebst zwei Anhängen: Criminal appell act 1907 und pro- 
bation of offenders act 1907 (zivilrechliche und prozessrechtliche Ab- 
handlungen herausgegeben von Dr. W. Kisch). 1908. 
Das schöne Buch M.B. ist gerade recht gekommen für die innere Krisis, 
welche unsere deuwsche Rechtsbetrachtung jetzt durchmacht. Denn wäh- 
rend noch bis vor zehn Jahren dieselbe wesentlich kontinental gerichtet 
war, und — ein getreues Abbild des äusseren staatlichen Geschehens — 
eigentlich nur für die Beziehung des ererbten deutsch-römischen Rechtes 
zu den französischen Formen ein Auge hatte, ist uns, die wir überall die 
ungeheure Spannung zwischen kontinentaler und angelsächsischer Welt 
empfinden, mit einemmal zum Bewusstsein gekonmen, wie sehr die Macht 
des englischen Staates mit seiner Rechtspflege zusammenhängt. Dabei 
handelt es sich jetzt weithin um Detailfragen des englischen Prozessrechtes, 
die wohl schon früher, aber nie in sehr erheblichem Mass und dann 
gewöhnlich mehr nach ihrer geschichtlichen als nach ihrer gegenwärtigen 
Ausgestaltung uns beschäftigt haben. Gleichzeitig ist ja bei uns auch für 
die englische Verfassung jene Auffassung Gneists überwunden, der in den 
grundlegenden Aenderungen der Viktorianaera nur eine Entartung sah und 
uns — sehr zu unserem Nachteil — den Blick für die enorme Arbeit nahm, 
die gerade seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts drüben geleistet 
wurde. Wir wissen jetzt auch, dass das englische Rechtswesen nicht 
mehr nach den Karrikaturen beurteilt werden darf, welche Dickens 
unmittelbar vor jenen Reformen — und sie gewiss weithin erzwingend — 
gezeichnet hat; das breite Publikum auf dem Kontinent freilich ist noch 
immer an diese Tradition gebunden. — Jener gründlichere Einblick in eng- 
lische Verhältnisse ist uns gleichzeitig damit geworden, dass der erste 
Rausch über die „Rechtseinheit“, welche durch das bürgerliche Gesetzbuch 
und seine Nebengesetze erreicht ist, verfliegt und man zu fragen beginnt, 
ob denn diese rationalistische Mechanisierung des Rechtes nicht mit einer 
vollständigen Lähmung des richterlichen Könnens, und Entbildung der Ju- 
risten verbunden sein wird, welche neben der Masse von Gesetzgebung in 
ihrem Leben nur schwer noch irgend anderer, Allgemeineres und Wissens- 
werteres kennen lernen können. In einer solchen Zeit innerer Unruhe
	        
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